Geschäftsvertrauen im Sinkflug: Wie hohe Zölle den globalen Handel und deutsche Unternehmen schwächen

Geschäftsvertrauen im Sinkflug: Wie hohe Zölle den globalen Handel und deutsche Unternehmen schwächen

Die neuesten Zahlen zum Geschäftsklima sprechen eine deutliche Sprache: Das Geschäftsvertrauen deutscher Unternehmen fällt Ende Oktober 2025 auf einen der niedrigsten Werte der letzten drei Jahre. Der direkte Auslöser sind die Ende Juli angekündigten und ab August beziehungsweise Ende August umgesetzten hohen US-Zölle auf europäische Produkte, vor allem auf Fahrzeuge, Maschinen und Stahl. US-Präsident Trump hatte eine deutliche Anhebung auf 30 Prozent angedroht, sollten die Handelsgespräche scheitern. Im Zentrum der Debatte stehen exportorientierte Branchen wie die deutsche Autoindustrie (z.B. Volkswagen, Daimler und BMW), der Maschinenbau sowie Zulieferer der Stahl- und Aluminiumindustrie.

Während globale Aktienindizes volatil reagierten, sehen Analysten vor allem bei US-Automobilherstellern und bei einigen asiatischen Zulieferern temporäre Gewinner. Wer dagegen Anteile an exportorientierten deutschen und europäischen Industrieunternehmen hält, muss mit Wertverlusten rechnen. Gerade Titel wie Volkswagen und Siemens stehen unter besonderem Druck.

Hintergrund: Dynamik der Zollerhöhungen

US-Zölle auf EU-Waren, insbesondere auf Pkw, Kfz-Teile und Maschinen, sind auf 27,5 bis 30 Prozent gestiegen. Eine gemeinsame Erklärung der USA und EU Anfang August sollte eine Deckelung auf 15 Prozent bringen – aktuell beträgt der tatsächliche Satz für deutsche Fahrzeuge und Teile aber weiterhin deutlich mehr. Zur zusätzlichen Belastung wird, dass die USA mit einer Executive Order auch die De-minimis-Regel gestrichen haben, sodass sämtliche auch kleinere Warensendungen verzollt werden müssen. Ersatzweise gelten landesspezifische Zölle; für nicht gelistete Länder der generelle Basis-Zollsatz von 10 Prozent. Für neue Produkte im Bereich Stahl und Aluminium wurden über 400 Warengruppen in den Geltungsbereich der Zölle aufgenommen, darunter auch viele Maschinen und Spezialfahrzeuge. Europa droht mit Gegenmaßnahmen, darunter eine geplante Erhöhung der Importzölle auf Stahl auf bis zu 50 Prozent und weitere Quotenanpassungen laut ausführlicher Analyse von KPMG.

Konjunkturelle Auswirkungen und Branchenreaktionen

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zeigte mit neuen Modellsimulationen, dass deutsche Exporte in die USA seit Jahresbeginn um 7,4 % zurückgingen, im August allein minus 23,5 %. Die Wachstumsprognosen für 2025 wurden von einem leichten Plus auf Nullwachstum reduziert, für das kommende Jahr auf nur 1,2 % erhöht. Hätten sich die Zölle nicht derart verschärft, läge das Wachstum laut IMK-Prognose bei etwa 1,5 %. Besonders betroffen ist neben dem Fahrzeugbau auch der Maschinenbau, der weit über die Hälfte seiner Exporte in die USA und nach China absetzt. Die wirtschaftspolitische Unsicherheit breitet sich aus: Die Verschlechterung des Geschäftsklimas beeinträchtigt Investitionsbereitschaft, Innovationsausgaben und Arbeitsplatzsicherheit so die IMK-Studie.

Gleichzeitig verzeichnet China einen massiven Anstieg im bilateralen Handel mit Deutschland. China ist nun nach den ersten acht Monaten 2025 wieder Deutschlands wichtigster Handelspartner, erstmals seit Jahren werden die USA wieder von Platz zwei verdrängt. In Zahlen: Das Volumen der deutschen Ein- und Ausfuhren mit China erreicht 163,4 Milliarden Euro, bei den USA liegt es bei 162,8 Milliarden. Die Bundesregierung versucht gegenzusteuern, um die generelle Abhängigkeit von China zu begrenzen wie der Bericht bei Wallstreet Online verdeutlicht.

Fallstudie und Effekte auf Unternehmen

  • Deutsche Autohersteller wie Volkswagen und Daimler melden nach den Zollerhöhungen einen Auftragsrückgang in den USA, der insbesondere margenstarke Exportmodelle betrifft.
  • Der Maschinenbauverband VDMA fordert Nachbesserungen am Zoll-Deal – Branchenvertreter kritisieren fehlende Ausgleichsmechanismen und hohe Unsicherheit bezüglich weiterer retaliatorischer Maßnahmen der USA.
  • Amerikanische Hersteller, die auf Komponenten aus der EU angewiesen sind, signalisieren steigende Kosten und Investitionsverlagerungen – einige Unternehmen erwägen, Teile ihrer Wertschöpfungsketten in asiatische Märkte oder zurück in die USA zu verlagern.
  • Technologieunternehmen wie Infineon profitieren leicht von Nachfrageschüben aus dem asiatischen Raum, leiden aber unter Margendruck und schwankenden Kursen.

Aktuelle Diskussion: Politische und wirtschaftliche Perspektiven

Die EU ringt mit einer Antwort: Das Parlament und zahlreiche Wirtschaftsverbände verlangen Nachbesserungen und eine entschiedene, aber ausbalancierte Retorsion. Besonders die Maschinenbauer pochen auf Erleichterungen, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Zugleich wächst der Druck, nicht durch eigene Zollerhöhungen eine negative Spirale auszulösen. Die Sorge: Ein umfassender Zollkonflikt könnte das fragile globale Wachstum abwürgen.

Optionen reichen von gezielter politischer Intervention über Diversifizierung von Absatzmärkten bis zur forcierten Innovationsförderung. Gleichzeitig wird diskutiert, inwieweit ein ausgewogenerer Freihandel durch strategische Vereinbarungen etwa mit asiatischen Großmächten erreicht werden kann. Die Debatte ist geprägt vom Ziel, die Exportabhängigkeit zu reduzieren, ohne den Wirtschaftsstandort zu schwächen.

Empfehlung: Aktienstrategie und Branchenausblick

  • Kaufen: Asiatische Zulieferbetriebe und US-Firmen mit internem Produktionsfokus können als Gewinner betrachtet werden. Unternehmen wie Tesla profitieren potenziell von einer begünstigten US-Nachfrage ohne Importzollbelastung.
  • Halten/Beobachten: Solide aufgestellte deutsche und europäische Technologieaktien (Infineon, Siemens Healthineers), die stark diversifizierte Absatzmärkte haben, bieten mittelfristig Kursstabilität, sind aber volatil.
  • Verkaufen/Untergewichten: Exporteure mit US-Last im Portfolio, allen voran Volkswagen, BMW, Siemens und viele Deeutsche Maschinenbauer, da mittelfristig keine Entspannung zu erwarten ist.


Die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile sind klar verteilt: Während einige US-Unternehmen temporär inländisch profitieren, sinken Konsum und Investitionen aufgrund höherer Preise. Deutschland und die EU verlieren vorübergehend Wachstumskraft, gewinnen aber im Gegenzug eine stärkere Motivation zur Diversifizierung und Investition in Innovationen. Sollte die Eskalation andauern, droht global eine Verlagerung von Lieferketten, Absatzschwund, eine längere Phase niedrigen Vertrauens und höhere strukturelle Arbeitslosigkeit – sowohl in der EU als auch in den USA. Für 2026 deuten die Prognosen auf geringes, aber positives Wachstum, vorausgesetzt, öffentliche Investitionsprogramme und private Innovationen werden rasch umgesetzt. Politisch bleibt zu hoffen, dass es – etwa durch Verhandlungslösungen mit China und der EU – zu einer Normalisierung und strategischen Öffnung der Märkte kommt, sonst droht der globale Handel auf Jahre hinaus ins Hintertreffen zu geraten.

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