KI-gestützte Diagnose-Software setzt neue Maßstäbe in der Krebsfrüherkennung
Wie stark beeinflusst Künstliche Intelligenz die Krebsfrüherkennung schon heute? Und wie verändern Unternehmen wie das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein oder die Charité die medizinische Diagnoselandschaft mit innovativen Softwarelösungen? Ein Blick auf aktuelle Marktentwicklungen und die neueste Studienlage zeigt: Nicht nur Medizintechnologiekonzerne und spezialisierte Kliniken zählen zu den Profiteuren, sondern auch börsennotierte Unternehmen im KI- und Diagnostik-Sektor.
Gewinner-Aktien: Anbieter von KI-Diagnoseplattformen, Gesundheitsdaten-Software (z.B. Siemens Healthineers, GE Healthcare, Philips) sowie spezialisierte Biotech-Firmen, die Partnerschaften im KI-Bereich eingehen, sind klare Gewinner. Verlierer: Unternehmen mit Fokus auf rein bildbasierter Auswertung ohne KI-Kompetenz geraten ins Hintertreffen. Für klassische radiologische Dienstleister erhöht sich zudem der Wettbewerbsdruck erheblich.
Meilenstein: PRAIM-Studie zeigt Durchbruch in der Radiologie
Eine der weltweit größten prospektiven Studien – die PRAIM-Studie unter der Leitung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein – belegte Anfang 2025 signifikante Fortschritte bei der Brustkrebsfrüherkennung. Über ein KI-gestütztes Doppebefundungs-Verfahren wurden 500.000 Teilnehmerinnen gescreent. Die Resultate, unlängst in Nature Medicine veröffentlicht, sind eindeutig:
- Die Brustkrebserkennungsrate stieg um 17,6 % – von 5,7 auf 6,7 pro 1000 Untersuchungen im Vergleich zur klassischen Doppelbefundung.
- Die Rate falsch-positiver Befunde blieb praktisch unverändert, was Ängste und Mehrbelastungen bei Patientinnen signifikant reduziert.
- Radiologen sparten bis zu 43 % Zeit bei der Befundung „unverdächtiger“ Fälle, wodurch Ressourcen für schwierigere Diagnosen frei wurden.
Besonders für die Kliniken, die mit Personalmangel im Bereich der Radiologie kämpfen, ist dies ein Durchbruch. Die Technologie ermöglicht zugleich die geplante Erweiterung des Screenings auf bislang ausgeschlossene Altersgruppen, etwa Frauen ab 40 Jahren.
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crossNN an der Charité: KI erkennt 170 Tumorarten mit bis zu 98 % Genauigkeit
Ein weiteres Highlight ist crossNN, ein jüngst von der Charité entwickeltes KI-Modell. Dieses innovative System analysiert molekulare Tumor-Fingerabdrücke und klassifiziert über 170 Krebsarten – nachweislich mit einer Treffsicherheit von 97,8 %. Besonders bemerkenswert:
- Das Modell arbeitet erfolgreich auch auf Basis teilweiser, unvollständiger oder unterschiedlich sequenzierter Proben – ein Meilenstein, gerade bei seltenen und komplexen Tumoren.
- Die Diagnostik ist erklärbar und transparent; die KI zeigt, wie sie ihre Entscheidungen trifft. Das ist entscheidend für die klinische Zulassung und das Vertrauen der Ärzteschaft.
- Erste klinische Anwendungen zeigen, dass nicht-invasive Diagnostik (z.B. aus Nervenwasser) hilft, belastende Operationen zu vermeiden und Therapien schneller einzuleiten.
Das Verfahren wird zudem für intraoperative Einsätze erprobt und dürfte mittelfristig zum Standardwerkzeug im Tumorboard werden. Hier entstehen Chancen für Unternehmen, die solche Software marktreif machen und in Krankenhaus-IT-Systeme integrieren.
Wirtschaftliche Implikationen und strategische Gewinner/Verlierer am Aktienmarkt
Die wirtschaftlichen Auswirkungen reichen weit über den Kliniksektor hinaus. Entscheidend sind:
- Kosteneinsparungen durch effizienteren Ressourceneinsatz und weniger Fehlalarme senken die explodierenden Ausgaben im Gesundheitswesen.
- Internationalisierung: Anbieter aus dem DACH-Raum exportieren Know-how in andere Märkte. Gute Positionen besetzen neben Siemens Healthineers und Philips auch spezialisierte KI-Startups.
- Börsenrelevanz: Wer im Bereich HealthTech/KI Diagnostik forscht, kooperiert oder akquiriert, ist ein Kaufkandidat – zu nennen sind etwa Siemens Healthineers, GE Healthcare, Roche und Alphabet mit seiner KI-Forschungstochter DeepMind.
- Etablierte Anbieter rein bildgebender Diagnostik verlieren Marktanteile und sollten eher gemieden oder abgestoßen werden (z.B. klassische PACS-Lösungen ohne KI-Anbindung).
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Fallstudien und Praxisbeispiele
Die Integration von KI-Software verbessert handfest die Versorgungsrealität:
- In der PRAIM-Studie konnte die Zeit bis zum Befund drastisch gesenkt werden – entscheidend in Systemen mit Fachkräftemangel.
- Patienten profitieren von schnelleren, evidenzbasierten Therapieentscheidungen; Liquid Biopsy-Verfahren eröffnen auch für Risikopatienten neue diagnostische Möglichkeiten.
- Krankenhäuser berichten über deutlich reduzierte Kosten durch weniger unnötige Weiterbehandlungen und Vermeidung von Überdiagnostik.
Risiken, Herausforderungen und Ausblick
So groß die Chancen für Wirtschaft und Versorgung sind, so müssen verschiedene Herausforderungen adressiert werden:
- Datenschutz und Regulatorik: Zugelassene KI-Systeme müssen erklärbar und auditierbar sein.
- Bestehende medizinische Arbeitsprozesse müssen für reibungslose Mensch-KI-Kollaboration umgestaltet werden.
- Kliniken stehen vor Investitionen in IT-Infrastruktur, Schulungen und Sicherheitslösungen.
- Ein Restrisiko liegt in der „Black Box“ neuer, zum Teil nicht nachvollziehbarer KI-Algorithmen – neue Standards für Transparenz und Validierung stehen deshalb im Fokus der Forschung.
Langfristig ist davon auszugehen, dass KI-basierte Diagnostik zur Basistechnologie in der Onkologie wird und klassische Methoden zunehmend ergänzt oder substituiert.
Die aktuelle Studienlage und konkrete Klinik-Implementierungen belegen: Software von Playern wie Siemens Healthineers, GE Healthcare, Roche und innovative universitäre Modelle wie crossNN schaffen nachhaltigen Mehrwert – sowohl für Patienten, den Klinikbetrieb als auch die wirtschaftliche Effizienz im Gesundheitssystem. Für Anleger rücken global aufgestellte Diagnostik-Konzerne und HealthTech-Unternehmen mit KI-Fokus in den Vordergrund. Dagegen sollten Anbieter konventioneller radiologischer Services und IT-Lösungen ohne KI-Wertschöpfung eher reduziert werden. Für die Gesamtwirtschaft bringt diese Entwicklung Einsparpotenziale, Produktivitätswachstum und neue Exportchancen, aber auch Disruptionsrisiken für Unternehmen, die sich nicht adaptieren. Mittelfristig ist von einem anhaltenden Innovations- und Konsolidierungsdruck auszugehen – KI-basierte Krebsdiagnostik wird zum Branchenstandard, nicht zum Differenzierungsmerkmal.



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