×

Thyssenkrupp und VW treiben mit grünem Stahl die Dekarbonisierung der Autoproduktion voran

Thyssenkrupp und VW treiben mit grünem Stahl die Dekarbonisierung der Autoproduktion voran

Wie gelingt es Volkswagen, seine ambitionierten Klimaziele in der E-Mobilität mit neuer Substanz zu unterlegen, und was bedeutet das für die Märkte – insbesondere für die Aktien von Volkswagen und Thyssenkrupp? Am 22. Oktober 2024 gaben Thyssenkrupp Steel und Volkswagen Group offiziell ihre vertiefte Kooperation bei grünem Stahl bekannt. Dies ist nicht nur ein Meilenstein für die Automobilindustrie, sondern lässt auch auf dem Kapitalmarkt aufhorchen: Während Werte wie Thyssenkrupp klar als Profiteure gelten, dürften klassische CO2-intensive Branchen und Zulieferer mittelfristig zu den Verlierern zählen.

Modernste Wasserstofftechnologie für grünen Stahl

Der Kern der Kooperation ist die Lieferung von CO₂-reduziertem Stahl auf Wasserstoff-Basis ab 2027 aus dem modernen Direktreduktionswerk von Thyssenkrupp in Duisburg, das später komplett auf grünen Wasserstoff umgestellt wird. Bereits in der Anlaufphase wird Naturgas durch Wasserstoff ersetzt, um die Klimabilanz sukzessive zu verbessern. Bluemint® Steel, das Produkt dieser Umstellung, soll nahezu emissionsfrei produziert werden und maßgeblich dazu beitragen, die Scope-3-Emissionen in der Lieferkette von Volkswagen signifikant zu reduzieren.

  • Scope-3-Emissionen machen 15–20% der Lebenszyklus-Emissionen eines Elektroautos aus. Die Umstellung auf grünen Stahl trägt also wesentlich zur Dekarbonisierung der Fahrzeugflotte bei [Quelle].
  • Bluemint® Steel wird nach dem LESS label A zertifiziert, das einen klar nachvollziehbaren und transparenten Nachweis der Klimaentlastung liefert.
  • Innovationen für die E-Mobilitätsfertigung: Die Partnerschaft soll nicht nur Standardprodukte liefern, sondern maßgeschneiderte Lösungen für die neue Generation von Elektrofahrzeugen ermöglichen.

Wirtschaftliche und industriepolitische Dimensionen

Die Vereinbarung ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein industriepolitisches Signal. Mit einer Verarbeitungskapazität von 11,7 Millionen Tonnen Rohstahl pro Jahr setzt Thyssenkrupp Maßstäbe und schafft eine Blaupause für die deutsche Industrie. Während zunächst keine konkreten Liefermengen veröffentlicht wurden, sieht die Strategie eine schrittweise Ausweitung des grünen Stahls im VW-Konzern vor. Für andere deutsche Autobauer erhöht das den Druck, rasch nachzuziehen. Die Produktion von grünem Stahl beeinflusst darüber hinaus Gewinne und Marktchancen klassischer Stahlunternehmen und Zulieferer, die den Einstieg in CO₂-freie Wertschöpfungsketten verpassen.

  • Arbeitsplätze und Know-how werden langfristig durch die Ansiedlung zukunftsfähiger Produktion in Deutschland gesichert. Gleichzeitig droht traditionellen Hochofenbetreibern ohne Dekarbonisierungsstrategie der Marktrückzug.
  • Der Schulterschluss von Stahl- und Automobilbranche macht aus beiden Sektoren einen Treiber für nachhaltige Industrien in Europa.

Aktuelle Einschätzung zu den beteiligten Aktien

Anleger stehen vor einer klaren Marktverschiebung:

  • Empfehlung Kauf: Thyssenkrupp profitiert als Technologieführer und Lieferant von grünem Stahl. Auch VW kann als Innovationsführer im Rahmen strikter Klimavorgaben punkten und dürfte mittelfristig von ESG-basierten Anlagen profitieren.
  • Empfehlung Halten: Stabile Zulieferer mit Fokus auf Leichtbau oder Elektrifizierung, die frühzeitig emissionsarme Prozesse einführen.
  • Empfehlung Verkaufen: Stahlproduzenten und Automobilzulieferer, die weiterhin auf CO₂-intensive Prozesse setzen und keine eigenen Transformationspfade erkennbar machen.

Blick in die Zukunft

Was ist von der Partnerschaft zu erwarten?

  • Ein konsequenter Ausbau von Lieferverträgen für grünen Stahl aus weiteren Direktreduktionswerken, sobald politische Rahmenbedingungen (z.B. Förderprogramme, Carbon Contracts for Difference) stimmen.
  • Beschleunigung der Transformation anderer Branchen: Maschinenbau, Infrastruktur und Gebäudetechnik werden folgen, sobald erste Skaleneffekte die Preise für grünen Stahl dämpfen.
  • Deutschland festigt seine Rolle als Standort klimafreundlicher Industrien, was wiederum Investitionen in Wasserstoffproduktion und Speichertechnologien nach sich ziehen dürfte.

Gleichzeitig wäre mit klaren Nachteilen zu rechnen, sollte der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft stocken oder Förderprogramme gekürzt werden: Dann wären Wettbewerbsnachteile für die energieintensive Grundstoffindustrie kaum auszuschließen.

Mit dem Schulterschluss von Volkswagen und Thyssenkrupp setzen zwei industrielle Schwergewichte auf technische Innovation und vertiefte Partnerschaft für die E-Mobilität. Anleger sollten Fokus auf Unternehmen legen, die glaubhaft auf nachhaltige Produktionsketten umstellen und sich als Enabler der Industrie von morgen positionieren. Während Thyssenkrupp und Volkswagen gute mittelfristige Perspektiven bieten, steht bei traditionellen CO₂-intensiven Playern Vorsicht auf der Tagesordnung. Für die Gesamtwirtschaft überwiegen die Chancen – sofern regulatorische und technologische Meilensteine planmäßig erreicht werden.

Kommentar abschicken