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Deutschland startet Offshore-Fertigungszentrum für Windturbinen – Schub für Lieferkettensicherheit und Exportbis 2030?

Deutschland startet Offshore-Fertigungszentrum für Windturbinen – Schub für Lieferkettensicherheit und Exportbis 2030?

Mit der Einweihung des ersten großen Offshore-Fertigungszentrums für Windturbinen schafft Deutschland im Jahr 2025 ein industriepolitisches Signal: Ist das die Antwort auf brüchige Lieferketten und der Schlüssel zu einer Exportoffensive bis 2030? Während sich Anleger die Frage stellen, bei welchen Aktien aus der Windbranche anziehende Gewinne erwarten – und welchen Unternehmen das neue Zentrum gefährlich werden könnte –, wirft die aktuelle Windenergie-Statistik ein Schlaglicht auf enorme Wachstumspotenziale, aber auch auf Umsetzungsprobleme. Unter welchen Bedingungen wird das Zentrum zu einer Erfolgsgeschichte – und wie reagiert der Aktienmarkt?

Der Ausbau im Faktencheck: Aktueller Status der Offshore-Windenergie 2025

Deutschland verfügt laut offiziellen Angaben zur Jahresmitte 2025 über 1.639 offshore Windturbinen mit einer installierten Kapazität von 9,2 GW, die ans Netz angeschlossen sind. Im ersten Halbjahr 2025 wurden zahlreiche neue Windturbinen installiert, doch mangels Netzanbindung fielen keine weiteren Einspeisungen ins Stromnetz an. 91 zusätzliche Turbinen stehen bereit, auf ihren Netzanschluss zu warten, während sich weitere 56 Fundamente in Vorbereitungsphase befinden. Damit ist deutlich: Das technische und logistische Potenzial wächst – doch Verzögerungen, insbesondere bei Netzanbindung und behördlichen Genehmigungen, setzen dem Tempo enge Grenzen (Quelle).

Ein zentrales Projekt ist dabei Borkum Riffgrund 3 mit knapp 1 GW Kapazität. Die Anlagen stehen, speisen aber wegen Anschlussproblemen noch kein einziges Kilowatt ein. Diese Engpässe zeigen, dass zum neuen Fertigungszentrum zwingend erhebliche Investitionen in Infrastruktur und schnellere Projektumsetzung gehören. Ohne diese bleibt der erhoffte Exportüberhang zunächst Wunschdenken (Quelle).

Das Offshore-Fertigungszentrum als industriepolitischer Hebel

Die Initiative für ein eigenes Offshore-Fertigungszentrum setzt an mehreren entscheidenden Schwachstellen an:

  • Lieferkettensicherheit: Die Produktion und Vormontage von Windturbinen-Komponenten im Inland sollen Abhängigkeiten von internationalen Zulieferern – insbesondere aus China – deutlich reduzieren. Diese Strategie gilt in der Industrie als Reaktion auf volatile Märkte und globale Spannungen.
  • Exportpotenzial: Mit verstärkten Kapazitäten könnte Deutschland mittelfristig zum führenden Anbieter für Offshore-Komplettsysteme und -Komponenten in Europa werden. Voraussetzung: Die weltweite Nachfrage, etwa durch Offshore-Initiativen in Großbritannien, den Niederlanden und Skandinavien, zieht weiter an.
  • Beschleunigung der Energiewende: Ein Fertigungszentrum erhöht die planbare Produktionskapazität und soll dazu beitragen, das von der Bundesregierung verkündete Ziel von 30 GW bis 2030 trotz der bisherigen Verzögerungen zu erreichen (Quelle).

Neue Erkenntnisse aus der aktuellen Offshore-Debatte

  • Die jüngsten Auktionsergebnisse zeigen schwächere Nachfrage: Im Offshore-Auktionsverfahren 2025, etwa für den Standort N-9.4, sind die Gebote um 90 % gegenüber Vorjahren eingebrochen. Investoren zeigen sich zunehmend vorsichtig und kritisieren starre Rahmenbedingungen sowie fehlende Absicherungsmechanismen gegen Kostensteigerungen. Branchenführer wie TotalEnergies sichern sich zwar weiterhin neue Flächen, doch für kleinere Player wächst das Risiko. Der Handlungsdruck für eine marktorientierte Reform des Ausschreibungssystems wächst – auch um private Investitionen und Börsenwert zu stabilisieren.
  • Marktexperten betonen, dass die Herausforderungen vor allem im Zusammenspiel von Genehmigungsrecht, Netzanbindung und Fördersystem liegen. Erst wenn hier nachhaltige Lösungen entstehen, wird das neue Fertigungszentrum Effizienzvorteile voll ausspielen können.
  • Europäische Konkurrenz wächst: Die Niederlande, Dänemark und Großbritannien treiben eigene Offshore-Hubs voran und setzen verstärkt auf lokale Wertschöpfung und Produktion. Der globale Standortwettbewerb um Märkte und Patente verschärft sich.

Wie reagieren die Börsen – und wie positioniert sich die Industrie?

Zu den Profiteuren des Vorhabens zählen große deutsche Windtechnikhersteller wie Siemens Energy und Nordex, deren Aktien bei positiven Fortschritten und Nachfragen aus dem Offshore-Segment weiterhin überproportional profitieren könnten. Dennoch ist Vorsicht geboten: Verzögerungen bei den Netzanschlüssen oder Auktionsdämpfer, wie sie aktuell auftreten, bremsen kurzfristig Kursfantasie. Für Energieversorger mit starker Offshore-Präsenz wie RWE oder EnBW bieten sich Chancen, sofern regulatorische Lösungen greifen.

Aktien kleinerer Komponentenhersteller oder spezialisierter Zulieferer zeigen erhöhte Volatilität. Wer stark von Exporten nach China oder in andere Märkte abhängig ist, muss mit Gegenwind rechnen, sollte die europäische Nachfrage nicht im entsprechenden Ausmaß anziehen.

Wirtschaftliche Folgen: Chancen, Risiken und Strukturwandel

  • Vorteile für die deutsche Wirtschaft sind ein erwarteter Beschäftigungsaufbau, Technologietransfer, Innovationsimpulse und Exportgewinne. Lieferkettensicherheit schützt vor Ausfällen und fördert die Resilienz der Schlüsselindustrie.
  • Nachteile drohen, falls die Investitionen in Infrastruktur und Netzanbindung nicht Schritt halten und die Bürokratie weiterhin für Verzögerungen sorgt. Die Gefahr: Ressourcen werden gebunden, Gewinne aber erst zeitverzögert realisiert.
  • Der Strukturwandel ist mit erheblichen Weiterbildungs- und Umschulungsanforderungen verbunden. Auch die Integration regionaler Zulieferer muss stärker vorangetrieben werden.

Blickt man auf die aktuelle Börsenlage, empfiehlt sich ein selektives Vorgehen: Positionierungen in den Aktien von Siemens Energy und RWE bieten perspektivisch Chancen – ein Kauf ist nach wie vor attraktiv, sofern politische und infrastrukturelle Hürden abnehmen. Bei Nordex sprechen die globale Expansion und Innovation für mindestens ein Halten, während hochspezialisierte Zulieferer und Exporteure mit Fokus auf außereuropäische Märkte selektiv betrachtet werden sollten – hier könnten Gewinnmitnahmen angesichts des Wettbewerbsdrucks angebracht sein. Für die gesamtwirtschaftliche Lage ergibt sich: Die Initiative kurbelt Beschäftigung und Innovation an, bleibt aber auf den raschen Infrastrukturausbau angewiesen. Mittel- bis langfristig ist eine dominierende Rolle Deutschlands im europäischen Offshore-Markt erreichbar, wenn die Förder- und Ausschreibungsbedingungen flexibilisiert werden, damit sich das Fertigungszentrum zum Motor nachhaltigen Wachstums entwickelt.

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