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Altes AKW, neue Energien: Wie einstige Atomkraftwerke zur Keimzelle für Deutschlands Energiewende werden

Altes AKW, neue Energien: Wie einstige Atomkraftwerke zur Keimzelle für Deutschlands Energiewende werden

Wie geht es weiter mit den riesigen Flächen und der vorhandenen Infrastruktur ehemaliger deutscher Kernkraftwerke? Nach dem historischen Atomausstieg und der Abschaltung der letzten AKWs in 2023 stellt sich die Frage, wie diese Standorte künftig sinnvoll genutzt werden könnten. Mit Blick auf die angespannte Energieversorgung, ambitionierte Klimaziele und wirtschaftlichen Wandel entsteht aktuell ein spannendes Testfeld: Neue Energieprojekte auf dem Gelände alter Atommeiler, zum Beispiel Photovoltaik-Großanlagen, grüne Wasserstoffproduktion oder innovative Batteriespeicher. Welche Unternehmen, Chancen und Risiken sind damit verbunden?

Neue Nutzungskonzepte für Stillgelegte AKW-Flächen

Der Rückbau von Kernkraftwerken wie „Isar-2“, „Emsland“ und „Neckarwestheim-2“ ist in vollem Gange. Doch statt die Flächen jahrelang brachliegen zu lassen, entwickeln Kommunen und Energieunternehmen ambitionierte Projekte. So wird beispielsweise auf dem Gelände des AKW Isar-2 bei Landshut eine großflächige Solaranlage geplant, betrieben unter anderem von E.ON und lokalen Stadtwerken. Die Standortvorteile solcher Areale liegen auf der Hand: Es gibt bereits große Stromanschlüsse, gute Verkehrsanbindungen und stattliche Fläche – ein attraktiver Mix für neue Technologien.

Innovative Energieprojekte: Von Solar bis Wasserstoff

Beispielhaft für die neue Energielandschaft ist das Projekt am alten AKW Unterweser, wo ein Konsortium einen Elektrolyseur zur Erzeugung von grünem Wasserstoff errichten will. Mit einer Leistung von zunächst 50 Megawatt soll der Standort zukünftig als Zentrum für Wasserstoffproduktion im Norden Deutschlands dienen – unterstützt durch Bundes- und Landesförderung. Ähnliche Vorhaben sind laut Presseberichten auch an ehemaligen AKW-Standorten wie Grafenrheinfeld vorgesehen. Die Umwidmung birgt Potenziale für Wertschöpfung und Klimaschutz – aber Fragen nach Sicherheit, Kosten und gesellschaftlicher Akzeptanz bleiben.

Kritische Stimmen und Debatte um die Wirtschaftlichkeit

Der ehemalige Traum von Kernkraft als billigem und sicherem Energieträger gilt in Deutschland als gescheitert. Nicht nur der enorme Aufwand für Rückbau und Endlagerung, sondern auch die anhaltende Diskussion um teure Subventionen und Sicherheitsrisiken prägen die Debatte. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zeigt sich deutlich, dass Strom aus Atomkraftwerken in Deutschland über Jahrzehnte hinweg der teuerste war. Kritiker befürchten, dass auch moderne Projekte an AKW-Standorten – etwa Batterie-Großspeicher – meist auf teure Förderungen angewiesen bleiben. Dennoch betonen Befürworter die wichtige Rolle als Standort für Erprobung und Technologietransfer.

Statistik und internationale Einordnung

Weltweit betreiben 31 Staaten derzeit 416 Kernreaktoren, viele setzen inzwischen verstärkt auf Small Modular Reactors (SMR) oder hybride Konzepte mit Wind- oder Solarkraftwerken. Polen etwa plant bis 2035 bis zu neun Gigawatt zusätzliche Atomstromleistung, gleichzeitig treiben viele nationale Programme die Kopplung von Speicher- und Wasserstoffkapazitäten an AKW-Altstandorten voran. In Deutschland jedoch bleibt die Kernkraft absehbar Geschichte – der Fokus liegt klar auf Erneuerbaren und innovativen Speichertechnologien.

  • Rückbau als Chance: Verfügbare Infrastruktur und Energieanbindung als Vorteil
  • Große Investitionen: Neue Kraftwerksprojekte benötigen massive öffentliche Förderung
  • Vorreiterrolle für Wasserstoff und Speichertechnik – mit Signalwirkung für Europa

Fallbeispiel: Das Konzept des „Energiecampus“

Der Ansatz mehrerer Bundesländer zielt darauf ab, AKW-Areale als Energiecampus neu zu gestalten – mit Forschungsinstituten, Startups, Kommunen und Großunternehmen. Innovationscluster wie am Standort Philippsburg schaffen Arbeitsplätze, treiben die Sektorkopplung und fördern Synergien zwischen Industrie, Wissenschaft und öffentlicher Hand. Besonders im Fokus: Die Speicherung von Überschussstrom und die elektrische Versorgung der Region.

Die aktuellen Erkenntnisse zeigen: Neue Energieprojekte auf ehemaligen Atomkraftwerksflächen sind vielversprechend, aber auch herausfordernd. Vorteile ergeben sich durch vorhandene Infrastruktur, die Chance auf lokale Wertschöpfung sowie die Entwicklung klimafreundlicher Technologien. Nachteilig wirken hohe Investitions- und Rückbaukosten, bürokratische Hürden und Unsicherheiten bei der Akzeptanz. Langfristig könnten innovative Energieparks Vorbild für ganz Europa sein – wenn Förderpolitik, Wirtschaft und Forschung gemeinsam an den Start gehen. Menschen und Unternehmen profitieren von einem stabileren Energiemix, neuen Arbeitsplätzen und den Impulsen für die technologische Entwicklung. Entscheidend wird sein, praktische Erfahrungen zu sammeln und die Erkenntnisse gezielt weiterzuentwickeln.

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