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Siemens Energy: Milliarden-Investition in grüne Wasserstoffproduktion setzt neue Maßstäbe für die Dekarbonisierung der Industrie in Deutschland

Siemens Energy: Milliarden-Investition in grüne Wasserstoffproduktion setzt neue Maßstäbe für die Dekarbonisierung der Industrie in Deutschland

Die Zukunft der energieintensiven Industrie in Deutschland wird heute maßgeblich neu gedacht: Siemens Energy investiert massiv in die grüne Wasserstoffproduktion und sichert sich damit einen entscheidenden Standortvorteil im globalen Wettbewerb. Doch welche Unternehmen profitieren davon konkret, was bedeutet das für Anleger, und wie weit stimmt der Optimismus der Märkte mit der Realität überein?

Siemens Energy und EWE: Strategisches Großprojekt in Emden

Mit der Ankündigung, einen 280 Megawatt großen Elektrolyseur für den norddeutschen Energieversorger EWE zu liefern, signalisiert Siemens Energy den Markteintritt einer neuen Technologie-Dimension. Herzstück ist die geplante Anlage in Emden, die ab 2027 jährlich rund 26.000 Tonnen grünen Wasserstoff für industrielle Anwendungen liefern soll. Möglich macht das eine zugesagte staatliche und europäische Förderung in bislang einzigartigem Umfang: Deutschland hat vergangene Woche 4,6 Milliarden Euro an EU-notifizierten Fördermitteln für diverse Wasserstoff-Großprojekte bereitgestellt, wovon alleine EWE für vier Projekte 500 Millionen Euro erhält. Die neue Emder Anlage wird zur größten ihrer Art in Deutschland aufsteigen und ist ein Meilenstein in der Umsetzung der nationalen Wasserstoffstrategie. Für Siemens Energy ist dies nicht nur ein Großauftrag, sondern ermöglicht dem Konzern, mit wiederkehrenden Service- und Wartungsverträgen neue Einnahmequellen in einem wachsenden Sektor zu erschließen (Energie Economic Times).

Bedeutung für die Industrie & Deutschlands Klimaziele

Die geplante Produktion in Emden wird in bestehende industrielle Wertschöpfungsketten integriert – vorrangig in Sektoren wie Stahl und Chemie, bei denen die Elektrifizierung an physikalische Grenzen stößt. Bis zu 800.000 Tonnen CO₂ lassen sich beispielsweise in der Stahlerzeugung mittels grünem Wasserstoff jährlich vermeiden. Dies hilft nicht nur den Unternehmen beim Erreichen gesetzlicher Emissionsminderungsziele, sondern sichert auch die Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Kontext, wo künftig CO₂-Bepreisungen und Grenzausgleichsmechanismen („CBAM“) greifen werden. Wasserstoff wird damit zur entscheidenden Brücke zwischen Klimaneutralität und industrieller Wertschöpfung (Siemens Energy Hydrogen Solutions).

Technologische Entwicklung und Produktion in Deutschland

Das Know-how bleibt im Land: Die zentralen Technologiemodule – sogenannte Elektrolyse-Stacks – werden im Berliner Siemens-Werk gefertigt. Damit entstehen nicht nur hochwertige Industriearbeitsplätze, sondern es wird auch das Ziel verfolgt, die Kosten für Elektrolysetechnologien durch Skaleneffekte rascher zu senken. Siemens Energy setzt auf die PEM-Elektrolyse (Proton Exchange Membrane), die durch hohe Effizienz und flexible Integration ins Stromnetz überzeugt. Die Berliner Fertigung wurde erst 2023 auf industrielle Serienproduktion umgestellt – ein Meilenstein, der den Zeitplan der Emder Anlage überhaupt erst ermöglicht hat (Smart Energy).

  • Skalierung als Wachstumsmotor: Mit der neuen Anlage wird die in Deutschland installierte Elektrolyseur-Kapazität nahezu verdoppelt. Bis 2030 sind landesweit insgesamt 10.000 MW angepeilt.
  • Wertschöpfung über die gesamte Kette: EWE realisiert parallel eigene Transport- und Speicherlösungen. Siemens Energy sichert sich mit langfristigen Serviceverträgen weitere Erträge.
  • Fördersituation als Beschleuniger: Die Einordnung als IPCEI (Important Project of Common European Interest) garantiert Planungssicherheit und schnelle Umsetzung.

Markteinschätzung: Gewinner, Risiken und Empfehlungen für Anleger

Siemens Energy profitiert klar als Technologielieferant und Servicepartner. Aufgrund der enormen Wachstumsperspektiven und der staatlichen Förderung dürften Aktien von Siemens Energy (ISIN: DE000ENER6Y0) weiteren Auftrieb erhalten. Gleiches gilt für EWE, wobei das Unternehmen nicht börsennotiert ist. Profiteure entlang der Wertschöpfungskette bleiben zudem spezialisierte Zulieferer elektrotechnischer Komponenten, sowie Unternehmen aus den Bereichen Infrastruktur und erneuerbare Energien.

  • Kaufempfehlung: Siemens Energy entwickelt sich mittelfristig zur europäischen Leitaktie im Bereich Elektrolyseure und grüner Wasserstoff. Aktienkurssteigerungen sind bei fortgesetzter Auftragsvergabe und Ausbau der Produktion sehr wahrscheinlich.
  • Halten/Verkaufen: Klassische Gas- und Kohleversorger könnten mangels Dekarbonisierungskapazitäten an Bedeutung verlieren. Für Anleger mit Portfolioschwerpunkt auf fossiler Energie empfiehlt sich eine kritische Überprüfung der Bestände.
  • Langfristige Beobachtung: Zulieferer für industrielle Wasserstoffanwendungen, etwa im Anlagen- und Maschinenbau, entwickeln sich unter Umständen zur neuen Hidden Champions.

Auswirkungen und Perspektiven für Gesamtwirtschaft und Industrie

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie bleibt trotz hoher Energiepreise erhalten.
  • Reduktion von Importabhängigkeit bei Energierohstoffen.
  • Langfristige Sicherung hochwertiger Industriearbeitsplätze – vor allem in Forschung, Entwicklung und Fertigung.
  • CO₂-neutrale industrielle Produktion als attraktives Standortargument, insbesondere im internationalen Vergleich.

Zu den Herausforderungen zählen weiterhin hohe Produktionskosten für grünen Wasserstoff, die aktuell noch staatliche Zuschüsse nötig machen, und ein in Teilen fehlendes Transport- und Speicherinfrastrukturnetz.

Der Erfolgsfaktor für die nächsten Jahre wird sein, ob und wie schnell Skaleneffekte und technologische Fortschritte die Wirtschaftlichkeit ohne dauerhafte Subventionen sichern. Wegweisend sind dabei die Zusammenarbeit von Industrie und Politik sowie die Geschwindigkeit beim Ausbau von Erneuerbaren Energien und Wasserstoffnetzen.

Für Anleger ist Siemens Energy auf Basis der aktuellen Auftragslage und der Positionierung im strategisch wichtigen Transformationsmarkt klar ein Kauf – der Markt gibt weiteren Kurssteigerungen fundamental recht. Ehemalige Gewinner der fossilen Energiewirtschaft müssen hingegen ihre Geschäftsmodelle überdenken. Wirtschaftlich eröffnet der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft für die deutsche Industrie enorme Chancen im globalen Technologiewettlauf, birgt aber auch strukturelle Risiken für nicht transformierende Sektoren. Die künftige Dynamik hängt davon ab, wie schnell technologische Skaleneffekte greifen. Spätestens ab 2030 dürfte sich der Wasserstoffhochlauf auf breite industrielle Anwendungen ausdehnen und stofflich wie energetisch zentrale Bedeutung für die Standortattraktivität Deutschlands gewinnen.

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