Biontech und Moderna: Start der Phase III für universellen mRNA-Grippeimpfstoff – Was steht auf dem Spiel?
Die Impfstoffbranche steht vor einer neuen Disruptionswelle: Biontech und Moderna treiben die klinische Entwicklung eines universellen mRNA-Impfstoffs gegen Grippeviren voran. Investoren stellen sich dabei vor allem die Frage: Welche Aktie profitiert am meisten, wer verliert Marktanteile – und welchen Einfluss hat das auf Big Pharma und die Weltwirtschaft? Aktuelle Marktdaten zeigen: Während Moderna signifikante Erfolgsnachrichten aus der Phase III liefert, kämpft Biontech mit Herausforderungen. Für Anleger stellt sich jetzt strategisch die Frage: Soll man Moderna-Aktien zukaufen und Biontech halten? Oder ist Vorsicht geboten angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch weitere Player im mRNA-Bereich?
Moderna: Phase III als Game-Changer für mRNA-Impfstoffe
Die wichtigste Neuigkeit kommt aktuell von Moderna. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte Moderna mit dem mRNA-1010-Impfstoff in der Phase-III-Studie alle primären Endpunkte erreichen. Damit übertraf der mRNA-Impfstoff herkömmliche Grippeimpfstoffe hinsichtlich Antikörperbildung gegen alle vier WHO-relevanten Influenzastämme signifikant.
- Überlegenheit gegen Influenza A und B: Die neue Version des Impfstoffs erzielte höhere Antikörpertiter für H1N1, H3N2 sowie die beiden B-Linien Victoria und Yamagata.
- Vergleichbare Nebenwirkungsrate: Die Nebenwirkungen entsprachen in Häufigkeit und Art denen bisheriger mRNA-1010 Studien und liegen im erwartbaren Rahmen.
- Start der Zulassungsdiskussionen: Moderna peilt eine Markteinführung bereits für das kommende Jahr an und setzt damit sowohl traditionelle Impfstoffhersteller als auch mRNA-Konkurrenten unter Druck. Parallel laufen Vorbereitungen für Kombinationsimpfstoffe, etwa Grippe plus COVID-19, die ab 2025 auf den Markt kommen könnten (Fierce Biotech).
Biontech: Aufholbedarf trotz Innovationsdruck
Biontech forscht gemeinsam mit Pfizer an einem kombinierten COVID-Grippe-mRNA-Impfstoff. Die jüngsten Phase-III-Ergebnisse fielen jedoch gemischt aus: Während die Immunantwort gegen Influenza-A-Stämme und SARS-CoV-2 vielversprechend war, blieb die Immunantwort gegen Influenza-B-Stämme hinter etablierten Impfstoffen zurück.
- Strategischer Rückschlag: Biontech und Pfizer müssen an der Formulierung nachbessern und die FDA-Zulassung verzögert sich.
- Finanzdruck: Biontech verbucht angesichts zurückgehender COVID-19-Erträge steigende Quartalsverluste und setzt auf die Krebsforschung als nächsten Innovationsmotor (BioSpace).
- Kombinationsstrategie: Die Hoffnung liegt auf der Weiterentwicklung zum universellen Kombinationsimpfstoff, mit Zulassungsziel für die Grippesaison 2025/2026.
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Implikationen
Die Entwicklung universeller mRNA-Grippeimpfstoffe könnte den Sektor grundlegend verändern:
- Schnellere Anpassung an Virenmutationen: mRNA-Plattformen ermöglichen es, Vakzine kurzfristig an neue Virusvarianten anzupassen – ein Quantensprung gegenüber dem bisherigen saisonalen Impfprognosemodell (MedPath).
- Reduzierter wirtschaftlicher Schaden: Bessere Impfstoffe könnten die jährlichen Influenza-bedingten Krankenstände und Produktivitätsverluste weltweit massiv absenken.
- Kostendruck für traditionelle Hersteller: Unternehmen wie GSK, Sanofi oder CSL geraten unter Innovationsdruck. Scheitern sie, wird ihre Marktmacht im Grippeimpfstoffgeschäft schwinden. Sanofi und GSK forschen bereits an eigenen mRNA-Ansätzen, diese befinden sich jedoch noch in früheren klinischen Phasen.
- Neues Preismodell: mRNA-Impfstoffe könnten teurer in der Einführung sein, aber durch Skalierbarkeit mittelfristig kostengünstiger werden. Entscheidend bleibt, wie schnell die Akzeptanz bei medizinischer Praxis und breiter Bevölkerung erfolgt.
Fallbeispiel: Einfluss auf den Aktienmarkt
- Moderna: Die überzeugenden Phase-III-Ergebnisse und die Erwartung neuer Kombinationspräparate positionieren das Unternehmen als Innovationsführer. Hier ergibt sich kurzfristig und mittelfristig ein klares Kaufszenario.
- Biontech: Die grundlegende Innovationskraft bleibt hoch, kurzfristig ist jedoch Zurückhaltung angesagt (halten). Ein weiterer Kursrückgang ist möglich, falls Verzögerungen anhalten oder Konkurrenz schneller ist.
- Pfizer: Ist durch die Partnerschaft mit Biontech abhängig vom gegenseitigen Fortschritt. Händler beobachten die Pipeline sehr genau: Bei weiteren Verzögerungen könnten Umschichtungen passieren.
Besonders aufmerksam beobachten Investoren, wie Unternehmen auf regulatorische Hürden reagieren. Die US-amerikanischen Behörden sind nach COVID-19 kritischer gegenüber neuen Impfstoffen, was zusätzliche Herausforderungen bei Marktzulassung und Akzeptanz mit sich bringt (BioPharma Dive).
Perspektive: Gefahren und Chancen für Wirtschaft und Gesundheitssystem
- Vorteile: Signifikante Senkung der Influenza-bedingten Mortalität, geringere Hospitalisierungskosten, Innovationsschub für die Life-Science-Branche – auch jenseits von Infektionskrankheiten.
- Nachteile: Marktdominanz weniger Akteure könnte Preise beeinflussen. Bewährungsprobe für öffentliche Impfprogramme und Akzeptanz neuer Technologien. Zudem besteht die Gefahr, dass traditionelle Hersteller wirtschaftlich unter Druck geraten.
Weitere Studien werden zeigen, wie breit der Schutz durch die neuen Präparate wirklich ist und wie schnell Behörden auf die Entwicklung reagieren. Sollte Moderna den zeitlichen Vorsprung halten, könnten sich weitere Partnerschaften oder Übernahmen anbahnen.
Die neue Marktdynamik spricht derzeit klar für eine Übergewichtung von Moderna im Portfolio, während Biontech zumindest gehalten werden sollte – an einen schnellen Turnaround, wie 2021 im COVID-Boom, glaubt aktuell kaum jemand. Für die Gesamtwirtschaft birgt die mRNA-Revolution sowohl das Potenzial für bessere Gesundheitsprävention als auch Risiken einer Oligopolbildung. Entscheidend wird die Implementierung im Massengeschäft sein – und welche Player ihr Innovationsversprechen wirklich einlösen können. Die Zukunft: Mehr Kombipräparate, schnellere Entwicklungszyklen und ein neuer Standard in der Grippeprävention.
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