Airbus vor schwieriger Weggabelung: Lieferengpässe bei Triebwerken setzen Auslieferungsziele unter Druck

Airbus vor schwieriger Weggabelung: Lieferengpässe bei Triebwerken setzen Auslieferungsziele unter Druck

Starke Zahlen, große Ziele – und doch erhebliche Unsicherheit: Während der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus für 2025 ein ehrgeiziges Auslieferungsziel von 820 Maschinen kommuniziert, beschäftigt Investoren aktuell die Frage: Kann Airbus trotz fortdauernder Probleme bei der Zulieferung von Triebwerken dieses Ziel wirklich noch halten? Die jüngsten Daten zeigen, dass zwar Fortschritte gemacht werden, die Risiken jedoch außerordentlich relevant bleiben. Vor allem die Aktie von Airbus steht kurzfristig unter Beobachtung: Wer auf eine schnelle Produktionserholung setzt, könnte enttäuscht werden. Profiteure könnten hingegen Anbieter von Flugzeugteilen sowie alternative Flugzeughersteller sein.

Lieferkettenprobleme: Flaschenhals Triebwerk als Industrie-Bremse

Im Mittelpunkt der aktuellen Schwierigkeiten steht ein besonders kritischer Baustein der Luftfahrtproduktion: das Triebwerk. Sowohl die Hersteller „Pratt & Whitney“ als auch das CFM-Konsortium kämpfen mit gravierenden Fertigungs- und Lieferproblemen. Nach Angaben von CEO Guillaume Faury sind derzeit über 60 sogenannte „Glider“ ohne Triebwerke auf den Airbus-Parkplätzen zwischengelagert. Trotz dieser Situation hält das Management überraschenderweise an seinem ambitionierten Auslieferungsziel fest und spricht von einer leichten Verbesserung der Lage. Diese Zuversicht wird allerdings kritisch gesehen, nicht zuletzt, da viele Unsicherheitsfaktoren wie schwanktende Nachfrage, neue US-Zölle oder der Mangel an Fluglotsen weiter fortbestehen. Die Triebwerkhersteller stehen jetzt massiv unter Druck, rechtzeitig im vierten Quartal zu liefern, um das Gesamtziel nicht zu gefährden. Mehr Details dazu finden sich im Morning Briefing des Handelsblatts.

Statistiken: Auslieferungen 2025 – Stand und Ausblick

Faktisch zeigen die aktuellen Zahlen: Im Juli 2025 hat Airbus rund 67 Flugzeuge ausgeliefert, ein Minus von 10 Maschinen zum Vorjahr. In den ersten sieben Monaten lag die Zahl der ausgelieferten Flugzeuge bei 373 – also etwa 45 Prozent des Jahresziels. Das Unternehmen müsste nun seine Auslieferungsrate bis zum Jahresende dramatisch steigern, um noch auf die gewünschten 820 Maschinen zu kommen. Das war in den letzten Jahren im saisonal starken vierten Quartal teils gelungen, doch diesmal ist der Puffer durch die Lieferkettenengpässe extrem dünn. Die Hauptlast tragen die Modelle der A320neo-Familie, aber auch Langstreckenjets wie der A350 sind betroffen. Die Herausforderungen und die Drucksituation werden auch im aktuellen ZDF-Morgenmagazin diskutiert.

Management-Ziele und Aktienkurs: Märkte reagieren nervös

Airbus-CEO Faury hält am Ziel fest, die Auslieferungen deutlich zu steigern – trotz der offensichtlichen Risiken. Der Umsatz konnte 2024 um sechs Prozent auf rund 69 Milliarden Euro gesteigert werden, allerdings sank der operative Gewinn um acht Prozent. Die Märkte bleiben skeptisch, die Airbus-Aktie notierte zuletzt unter den größten Verlierern im DAX. Anleger werden unruhig, da bereits 2024 wegen Teilemangel weniger Flugzeuge ausgeliefert wurden als geplant. Auch die Zeitpläne, etwa für den neuen Frachtjet A350F, verschieben sich nach hinten.

Für 2025 rechnet Airbus intern weiter mit einem bereinigten EBIT von rund 7 Milliarden Euro. Dennoch bleibt der Free Cashflow erheblich von der tatsächlichen Produktionsentwicklung abhängig. Das beeinflusst auch direkte Wettbewerber und Zulieferer, mit möglichen Kettenreaktionen in der europäischen Industrie. Die strukturellen Unsicherheiten werden im Deutschlandfunk Nachrichtenüberblick thematisiert.

Expertenprognosen: Wer profitiert, wer verliert?

  • Kaufempfehlung: Anbieter von Spezialteilen und Subsystemen dürften durch die Forcierung von Airbus zur Lösung der Engpässe kurzfristig leicht profitieren. Auch kleinere Wettbewerber im Segment Regional- und Geschäftsreiseflugzeuge (z.B. Embraer) könnten neue Aufträge gewinnen.
  • Halten: Aktien von Airbus selbst sollten im Depot gehalten werden, solange die Produktion im vierten Quartal nicht einbricht – das Risiko bleibt allerdings erheblich erhöht, insbesondere für kurzfristig orientierte Anleger.
  • Verkaufen: Hochriskant sind Positionen beim Triebwerkshersteller RTX (Pratt & Whitney), solange absehbar ist, dass die Lieferprobleme noch nicht gelöst sind.

Vorteile und Nachteile für die Wirtschaft

  • Nachteile: Das offensichtliche Risiko besteht in einem Wachstumsdämpfer für die gesamte europäische Luftfahrtindustrie mit Kettenreaktionen für Zulieferer, mittelständische Hersteller und auch für industrielle Forschung & Entwicklung.
  • Vorteile: Andererseits sorgt der Produktionsrückstau für weiter stabile oder sogar anziehende Preise für neugebaute Jets. Airlines profitieren von tendenziell höheren Auslastungsraten auf bestehenden Flotten. Neue Chancengebiete öffnen sich für flexible Anbieter und Innovationstreiber.

Wie geht es weiter? Perspektiven und Ausblick

Die kommenden Monate bleiben von Unsicherheit geprägt. Sollten die Engpässe bei den Triebwerken bis spätestens Ende November behoben werden, kann Airbus das Auslieferungsziel noch erreichen – vorausgesetzt, der Nachfragezyklus bleibt intakt und weitere externe Störungen bleiben aus. Ansonsten drohen erneut Produktionsverzögerungen und anhaltender Margendruck. Entscheidend wird sein, ob Airbus in China und Asien den Auftragsboom nutzen und die neue Montagelinie rechtzeitig hochfahren kann. Mittel- bis langfristig dürfte der strukturelle Flugverkehrsbedarf weiter wachsen – die kurzfristigen Risiken bleiben für Anleger jedoch hoch.

Anleger sollten Airbus im Portfolio mit Vorsicht gewichten oder auf eine Bodenbildung spekulieren. Für spekulativ Orientierte bleiben Zulieferaktien und spezialisierte Wettbewerber attraktiv. Unbesehen von den kurzfristigen Problemen setzt der anhaltende Mobilitätsboom der Luftfahrtindustrie mittelfristig deutliche Wachstumsimpulse. Das strukturelle Risiko bleibt, wenn die Lieferkettenprobleme auch nach 2025 nicht nachhaltig gelöst werden.

Kommentar abschicken

Das hast du vielleicht verpasst