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Erneuerung im Geschäftsreisemarkt: Wie die Pandemie Trends, Strukturen und Prioritäten verschiebt

Erneuerung im Geschäftsreisemarkt: Wie die Pandemie Trends, Strukturen und Prioritäten verschiebt

Die neue Realität der Geschäftsreisen – Weniger ist mehr?

Monatelang lag der weltweite Geschäftsreisemarkt am Boden – mittlerweile zeigen aktuelle Daten für 2025, dass sich der Markt zwar erholt, aber komplett verändert hat. Laut aktuellen Analysen des Verbands Deutsches Reisemanagement (VDR) ist die Zahl der geschäftlichen Reisen 2024 in Deutschland erneut gesunken: Im Vergleich zu 2019 ist die Zahl der Geschäftsreisen fast um die Hälfte zurückgegangen [Quelle]. Wirtschaftliche Unsicherheiten, gestiegene Kosten und ein Umdenken in Unternehmen lassen die traditionelle Reisetätigkeit fundamental schrumpfen. Ist die Zeit der endlosen Dienstreisen endgültig vorbei?

Zielgerichtete Geschäftsreisen und neue Werte

Längst geht es Unternehmen nicht mehr nur darum, möglichst viele Termine abzudecken. Die neuen Reisetrends sind zielgerichteter, flexible Reisegestaltung und eine stärkere Orientierung an Return-on-Investment (ROI) sowie Werten setzen sich immer stärker durch. Viele Unternehmen lenken Ressourcen vermehrt in lokale Treffen und gezielte Präsenzveranstaltungen, verzichten aber häufiger auf teure internationale Messebesuche. Dazu bieten Reiseregelungen heute oftmals Flexibilität in der Stornierung, legen verstärkt Wert auf Sicherheit und lassen verstärkt Aspekte wie Wellness, Nachhaltigkeit und Diversity in der Planung einfließen [Quelle].

Technologischer Fortschritt und „Bleisure“-Konzepte

Digitale Tools und intelligente Buchungssysteme prägen das Management der neuen Geschäftsreisen. Von der KI-gestützten Reiseplanung bis hin zu Apps, die flexibel auf geänderte Termine reagieren können: Konzerne wie SAP, Siemens und Deutsche Telekom setzen zunehmend auf integrierte Booking- und Analyseplattformen, sodass Transparenz, Kostenkontrolle und Nachhaltigkeitsziele parallel verfolgt werden können.

Eine auffällige Entwicklung ist der Boom hybrider Konzepte: Präsenzreisen stehen vermehrt im Wettbewerb mit effizient organisierten Video-Calls. Gleichzeitig erfreut sich das Segment der sogenannten Bleisure-Reisen (Verbindung aus Business und Leisure) zunehmender Beliebtheit – Mitarbeitende verlängern ihre Geschäftsreise, um Work und Freizeit besser zu verbinden und neue Anreize zu schaffen. Gerade größere Unternehmen entwickeln gezielt Programme, um motivierte Talente langfristig zu binden und den „Reise-Sinn“ zu unterstreichen [Quelle].

Kostenentwicklung: Inflation frisst das Reisebudget

Ein Paradoxon: Obwohl die Zahl der Reisen zum Beispiel in Deutschland kontinuierlich absinkt, erreichen die Gesamtausgaben für Geschäftsreisen in 2024 beinahe das Vor-Krisen-Niveau. Laut VDR lag das Geschäftsreisevolumen bei etwa 47,2 Milliarden Euro – ein Plus gegenüber dem Vorjahr, trotz deutlich gesunkener Reisezahlen. Die Gründe liegen auf der Hand:

  • Deutlich gestiegene Preise für Transport, Hotels und Verpflegung
  • Erhöhter Bedarf an flexiblen Buchungen und Zusatzservices
  • Neue Compliance-Anforderungen und höhere Standards bei Sicherheit und Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit und neue geopolitische Herausforderungen

Unternehmen wägen nun bewusster ab: Viele Organisationen achten im Sinne ihrer Klimabilanzen exakt darauf, wann eine Reise wirklich notwendig ist. CO2-Bilanzierung, Bahnfahrten statt Flügen und umweltfreundliche Hotels gewinnen an Bedeutung. Geopolitische Unsicherheiten, neue Visa-Regelungen und Inflationsdruck sorgen allerdings fortwährend dafür, dass Reiseentscheidungen deutlich strategischer – und mitunter näher am Heimatmarkt – getroffen werden.

Auswirkungen – Wer profitiert, wer verliert?

Die Digitalisierung zwingt Unternehmen zu schneller Anpassung: Digitale Plattformen, die Planung, Monitoring und Reporting zusammenführen, machen traditionellen Reisebüros Konkurrenz. Gleichzeitig ergeben sich neue Chancen für Anbieter, die hybride und nachhaltige Konzepte innovativ gestalten. Hotellerie und Luftfahrt orientieren sich neu, Anbieter von Co-Working-Spaces und flexiblen Meeting-Konzepten gewinnen dagegen an Bedeutung.

Strategisch setzen die Unternehmen am Ende auf Qualität statt Quantität. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Weniger, aber gezieltere persönliche Treffen verstärken den Beziehungsaufbau, schonen Ressourcen und entsprechen gesellschaftlichen Forderungen nach Klimaschutz und Flexibilität. Nachteilig könnte sich die Konzentration auf digitale Meetings aber auf informellen Austausch, Innovationskraft und kulturelles Verständnis auswirken. Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass hybride Lösungen den Markt dauerhaft prägen werden. Gewinner sind Mitarbeitende und Firmen, die sich rasch auf flexible Reiserichtlinien, intelligentes Kostenmanagement und nachhaltige Standards einstellen. Die deutsche Wirtschaft erhofft sich dadurch mehr Effizienz und eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben – auf Kosten eines Boom-Marktes für Fernreisen, aber mit klaren Vorteilen für Innovationskraft und Kulturwandel.

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