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US-Zölle setzen deutsche Wirtschaft unter Druck: Konjunkturerwartungen stark gesunken

US-Zölle setzen deutsche Wirtschaft unter Druck: Konjunkturerwartungen stark gesunken

Wie gefährlich sind die neuen US-Zölle für Deutschlands Wirtschaft?

Mit der jüngsten Androhung von US-Präsident Donald Trump, ab August 2025 massive Strafzölle von bis zu 30 Prozent auf EU-Importe – darunter viele deutsche Industriegüter – zu verhängen, spitzt sich der transatlantische Handelskonflikt weiter zu. Die Nachricht hat dazu geführt, dass die Konjunkturerwartungen deutscher Unternehmen und Analysten spürbar eingebrochen sind. War die Hoffnung nach einem schwachen Vorjahr auf ein moderates Wirtschaftswachstum zurückgekehrt, blicken nun viele Branchen erneut in eine unsichere Zukunft.

Zölle dämpfen das Wachstum – deutsche Industrie besonders betroffen

Aktuelle Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zeigen: Kommen die angekündigten Zölle, würde das Wachstum der deutschen Wirtschaft 2025 und 2026 um jeweils etwa einen Viertelprozentpunkt niedriger ausfallen als zuletzt prognostiziert. Für 2025 zeichnet sich damit ein Nullwachstum ab. Erst ab 2026 könnte es mit einem Plus von rund 1,2 Prozent wieder aufwärts gehen. (Quelle)

Besonders betroffen sind laut einer Studie des ifo Instituts jene deutschen Branchen, die stark exportorientiert und eng mit dem US-Markt verflochten sind. Die deutsche Automobilindustrie muss mit Einbußen der Wertschöpfung von bis zu 6 Prozent rechnen, während die Pharmaindustrie sogar Wertschöpfungsverluste von bis zu 9 Prozent erleiden könnte. Beide Sektoren könnten gezielt von produktbezogenen Zollerhöhungen getroffen werden, weil sie auf den US-Markt als wichtigen Absatzraum angewiesen sind.

Bemerkenswert: Während die Industrie insgesamt unter den Zöllen leidet, könnten ausgewählte Dienstleistungsbranchen oder die heimische Landwirtschaft sogar leicht profitieren – etwa dann, wenn sie Marktanteile gewinnen, weil US-Konkurrenzprodukte durch Zölle teurer werden. Dennoch bleibt der Gesamteffekt für die exportorientierte deutsche Wirtschaft negativ. (Quelle)

Makroökonomische Effekte und Unsicherheit wachsen

Über die direkten Exportausfälle hinaus schlagen die neuen Handelsbarrieren auch an anderer Stelle zu Buche. Laut aktuellen Modellen wie dem NiGEM-Mehrländermodell oder Simulationen des IW Köln summieren sich die negativen Zweitrundeneffekte: Sinkende Absatzchancen führen zu geringerer Investitionstätigkeit in den betroffenen Branchen. Das verringert die verfügbaren Einkommen, drückt auf den Konsum und bedeutet zusätzlichen Rückgang beim Wachstum. In der Summe könnten sich die BIP-Verluste laut IW Köln für Deutschland in den kommenden Jahren auf 1 bis 2 Prozent gegenüber einem Szenario ohne neue Zölle belaufen.

Diese Unsicherheit über die künftigen Absatzmärkte und die Verlässlichkeit internationaler Handelsbeziehungen wirkt wie eine Bremse auf die gesamte Volkswirtschaft. Unternehmen zögern mit Investitionen und Neueinstellungen – das spüren vor allem mittelständische Zulieferer, die häufig direkt oder indirekt am US-Markt hängen. (Quelle)

Reaktionen der Politik und mögliche Gegenmaßnahmen

Die Bundesregierung sowie Wirtschaftsverbände haben angekündigt, Gegenmaßnahmen wie gezielte Investitionsförderungen und Entlastungen für besonders betroffene Branchen zu prüfen. Auch wird darüber diskutiert, wie die EU als Ganzes auf die US-Zölle reagiert – von diplomatischen Gesprächen bis hin zu eigenen Strafzöllen.

  • Staatliche Investitionsoffensiven sollen konjunkturelle Risiken mindern und Innovationen fördern.
  • Einige Studien empfehlen eine Stärkung des EU-Binnenmarkts durch alternative Absatzmöglichkeiten und Kooperationen jenseits der USA.
  • Intensivierte Wirtschaftsdiplomatie mit anderen Märkten und Handelsblöcken könnte die Exportabhängigkeit vom US-Markt mittelfristig verringern.

Fallbeispiel: Automobilhersteller unter Druck

Für Unternehmen wie Volkswagen oder BMW, deren Autos in großen Stückzahlen in die USA exportiert werden, sind die Zölle eine direkte Bedrohung. Produktionsverlagerungen in den USA könnten kurzfristig als Ausweg diskutiert werden, sind aber mit erheblichen Kosten und strategischen Risiken verbunden. Automobilzulieferer und mittelständische Maschinenbauer blicken daher besonders nervös in die Zukunft.


Die Einführung hoher US-Zölle auf Importe aus Deutschland und der EU hat das Potenzial, die ohnehin fragile Erholung der deutschen Wirtschaft zu gefährden. Die größten Nachteile sind direkte Exportverluste, Schwächung ganzer Branchen und ein Verlust an Planungssicherheit. Kurzfristig profitieren könnten nur vereinzelte Dienstleistungssektoren oder die heimische Landwirtschaft, langfristig drohen jedoch Strukturwandel und Arbeitsplatzverluste. Sollte die Bundesregierung rasch Investitionen in Innovation und neue Märkte fördern, könnten sich Ausweichmöglichkeiten eröffnen. In Zukunft dürfte die Bedeutung internationaler Diversifikation und die politische Absicherung von Handelsabkommen weiter steigen. Ein möglicher Vorteil der Krise: Sie zwingt deutsche Unternehmen zu mehr Innovationskraft und stärkt die Argumente für ein unabhängigeres europäisches Wirtschaftssystem.

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