Neue Datenschutz-Richtlinien für die digitale Patientenakte: Chancen und Herausforderungen zum Start 2025
Digitale Patientenakte: Neues Datenschutz-Zeitalter beginnt
Ab dem 29. Juli 2025 gilt in Deutschland eine neue Datenschutzrichtlinie rund um die elektronische Patientenakte (ePA), welche die digitale Gesundheitsversorgung auf ein neues Niveau heben soll. Nach jahrelanger Debatte und mehreren Verschiebungen werden nun sämtliche Prozesse für Versicherte, Ärzte und Krankenkassen neu geregelt. Bis zu 73 Millionen gesetzlich Versicherte profitieren laut Branchenangaben künftig von verbesserten digitalen Angeboten – doch gleichzeitig steht der Schutz höchst sensibler Gesundheitsdaten intensiver im Fokus als je zuvor.
Wesentliche Neuerungen der Datenschutzrichtlinie
Automatische Bereitstellung und Kontrolle der Daten
Zu den zentralen Änderungen zählt die automatische Bereitstellung der ePA durch die Krankenkassen an alle Versicherten, sofern kein Widerspruch eingelegt wurde. Die Kontrolle über die eigenen Gesundheitsdaten bleibt jedoch individuell erhalten: Über Apps ihrer jeweiligen Krankenkassen können Patientinnen und Patienten jederzeit einsehen, wer Zugriff hatte oder diesen künftig erhält. Zugriffsrechte sind flexibel vergebbar, sogar für Angehörige oder rechtliche Vertreter.
Erweiterte Funktionen und Integration von Wearables
Die neue ePA-Richtlinie sieht vor, dass nicht nur Arztbriefe, Medikationspläne und Laborbefunde digital gespeichert werden, sondern auch strukturierte medizinische Inhalte sowie Gesundheits- und Fitnessdaten, die mit Wearables (z. B. Fitness-Tracker) erfasst werden. Dies soll das Gesundheitsmonitoring fördern und auch die Prävention stärken.
Digitale Einbindung von Papierbefunden und Recht auf Digitalisierung
Ein weiteres Novum ist das Recht auf Digitalisierung von Papierdokumenten. Patientinnen und Patienten können nun bis zu zweimal innerhalb von 24 Monaten maximal zehn analoge Dokumente pro Vorgang von ihrer Krankenkasse digitalisieren lassen. Arztpraxen sind nicht zur nachträglichen Digitalisierung verpflichtet, können dies aber freiwillig übernehmen.
Diskussionen und Herausforderungen im Gesundheitswesen
Datenschutz: Sicherheit als oberstes Gebot
Die Einführung der ePA stößt auf Zustimmung, aber auch Skepsis. Während das Gesundheitsministerium und der Bundesdatenschutzbeauftragte dem Vorgehen hohe Standards bescheinigen, gibt es dennoch Datenschutz-Bedenken. Kritiker warnen, dass trotz modernster Verschlüsselung und mehrfacher Authentifizierung Angriffe auf Patientendaten grundsätzlich nie auszuschließen sind – auch, weil der Wert medizinischer Daten im Darknet weiter steigt.
Zugleich hebt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hervor, dass die Versicherten jederzeit nachvollziehen können, wer auf ihre Akte zugreift, was die Transparenz und Eigenkontrolle stärkt.
Bürokratie im Wandel: Entlastung oder Mehraufwand?
Die bundesweite Einführung der ePA bedeutet einen tiefgreifenden Wandel im Bürokratie- und Dokumentationsaufwand für Praxen und Apotheken. Kassenärztliche Bundesvereinigung und andere Branchenvertreter sprechen von einer administrativen Entlastung, da wiederkehrende Dokumentations- und Suchprozesse automatisiert werden. Zugleich steigen zu Beginn vor allem die Aufwände für Schulungen und IT-Ausstattung – insbesondere bei kleinen Praxisbetrieben.
Beispiel aus der Praxis: Modellregionen und bundesweite Umsetzung
Bereits ab Januar 2025 lief die ePA in Pilotregionen wie Hamburg und Teilen von Nordrhein-Westfalen. Erste Erfahrungen zeigen: Die Versorgungsqualität steigt, etwa durch automatisierte Warnungen bei riskanten Wechselwirkungen von Medikamenten und schnellen Zugang zu Vorbefunden. Seit Ende April ist die ePA bundesweit für Praxen, Krankenhäuser und Apotheken geöffnet, ab Oktober 2025 gilt zudem eine Nutzungspflicht für Leistungserbringer im GKV-System.
Chancen und Risiken der Digitalisierung der Patientendaten
- Effizienzsteigerung: Ärzte und Pflegepersonal müssen weniger Zeit für Aktenpflege aufwenden, Routineaufgaben werden digitalisiert.
- Verbesserte Versorgung: Schneller Zugriff auf vollständige Medikations- und Vorbehandlungsdaten reduziert Risiken und steigert die Versorgungsqualität.
- Datenschutzrisiken: Trotz innovativer Schutzmechanismen bleibt ein Restrisiko für Datenmissbrauch oder Cyberangriffe bestehen.
- Digital Divide: Teile älterer oder digital weniger versierter Bevölkerung könnten sich abgehängt fühlen.
Wirtschaftliche Perspektive und Zukunftsausblick
Ökonomisch gesehen erhofft sich die Politik durch die ePA nicht nur eine bessere Versorgung, sondern auch sinkende Kosten durch weniger Doppeluntersuchungen, medikamentöse Fehlverordnungen und Mehraufwand in der Dokumentation. Zudem ist der Gesundheitssektor ein bedeutendes Wachstumsfeld für IT-Unternehmen und Softwareanbieter, wie u. a. auch Entwicklungen der SAP AG oder von telemedizinischen Start-ups zeigen. Aktuelle Branchenanalysen erwarten hier einen beträchtlichen Produktivitätsschub in den kommenden Jahren.
Am Ende bleibt festzuhalten: Die digitale Patientenakte mit ihren neuen Datenschutzrichtlinien ist ein Meilenstein – technisch wie rechtlich. Sie birgt enorme Chancen für eine effizientere, sicherere und patientenorientierte Gesundheitsversorgung. Dennoch sind kontinuierliche Investitionen in IT-Sicherheit, konsequente Aufklärung der Versicherten sowie die Einbindung aller Akteure unverzichtbar, um Vertrauen zu festigen und Fehler auf ein Minimum zu reduzieren. Bei konsequenter Umsetzung profitieren Patienten und Gesundheitssystem gleichermaßen – mit der Aussicht auf eine moderne, reaktionsfähige Medizin, die in Europa Maßstäbe setzt.
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