Künstliche Unterbewertung des Yuan: Deutschlands Exporte unter Druck – Ursachen, Auswirkungen und Perspektiven
Deutschlands Exportschlager im Gegenwind: Wie Chinas Währungspolitik den Markt verändert
Nach Jahren einer scheinbaren Win-win-Situation im Welthandel verschieben sich die globalen Kräfteverhältnisse spürbar: Während die deutschen Exporte nach China im Verlauf der letzten zwölf Monate um rund 14 Prozent einbrachen und die Importe aus Fernost zeitgleich um zehn Prozent zulegten, sorgen vor allem Produkte der Branchen Automotive, Chemie und Maschinenbau für Schlagzeilen. Die zentrale Frage, die Politik und Wirtschaft derzeit umtreibt: Wie stark belastet die gezielte Unterbewertung des Yuan als staatspolitisches Instrument die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen?
Währungspolitik als Exportstrategie: Der künstlich schwache Yuan
Laut jüngsten Industriebefragungen und Analysen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist der Yuan seit 2020 weitgehend stabil und bleibt gegenüber dem Euro signifikant unterbewertet. Diese gezielte Währungssteuerung verschafft chinesischen Exporteuren erhebliche Preisvorteile. Selbst in einem Umfeld fallender Produzentenpreise in China und globalen Unsicherheiten rund um Lieferketten gelingt es der chinesischen Industrie, Produkte weiterhin zu besonders niedrigen Preisen auf den Weltmarkt zu bringen. Der Effekt zeigt sich besonders deutlich, wenn man die um 18 Prozent gesunkenen durchschnittlichen Einfuhrpreise aus China zwischen 2022 und 2024 betrachtet (IW Köln).
Preiskampf und Subventionen: Folgen für deutsche Schlüsselindustrien
Der künstlich niedrige Yuan und die fortwährende Exportoffensive Chinas treffen die deutsche Wirtschaft in mehrfacher Hinsicht:
- Überkapazitäten und staatliche Subventionen ermöglichen es chinesischen Unternehmen, Exportwaren zu Dumpingpreisen anzubieten, was den Konkurrenzdruck auf deutsche Anbieter zusätzlich verschärft.
- Die Preise für chemische Erzeugnisse, Elektrogeräte, Metallerzeugnisse sowie Automobile aus China sind seit 2022 teilweise um mehr als 20 Prozent gefallen – während die Kostenstrukturen der deutschen Hersteller wegen hoher Energiepreise und Transformation für die Klimawende ohnehin stark belastet sind.
- Der Marktanteil deutscher Produkte auf dem chinesischen Markt schwindet, da chinesische Waren künstlich verbilligt und qualitativ konkurrenzfähig angeboten werden – besonders problematisch für exportstarke Unternehmen wie Siemens, BASF oder Volkswagen (Deutschlandfunk).
Strukturelle Verschiebungen im Welthandel
Die jüngsten IW-Studien zeigen, wie der „China-Schock“ die Kräfteverhältnisse im Welthandel zu Ungunsten der deutschen Industrie verschiebt. Die fortwährende Kostendegression durch Yuan-Unterbewertung sorgt nicht nur für niedrigere Exporterlöse deutscher Unternehmen, sondern gefährdet auch deren Investitionsfähigkeit und Innovationskraft langfristig (IW Köln).
Branchenbeispiele: Die Auto- und Chemieindustrie unter Druck
Besonders starke Einschnitte erleben aktuell deutsche Chemiekonzerne wie BASF, deren Wettbewerbsfähigkeit durch die parallel gestiegene Energiepreisbasis in Europa und den Preisverfall bei chinesischen Importen beeinträchtigt wird. Im Bereich Automobile und Zulieferindustrie stehen Unternehmen wie Volkswagen oder Bosch vor der Herausforderung, mit lokal subventionierten chinesischen E-Autos preislich und technologisch zu konkurrieren.
Kritik und aktuelle Diskussionen
Die deutsche Industrie wie auch Wirtschaftswissenschaftler fordern angesichts der Entwicklung verstärkte Kontrollen unfairer Handelspraktiken und eine Strategie, um die Schieflage auszugleichen. Diskutiert werden unter anderem:
- Internationale Koordination zur Währungsüberwachung sowie abgestimmte Maßnahmen gegen gezielte Unterbewertungen.
- Ausbau der europäischen Industriesubventionen oder temporäre Importzölle auf besonders betroffene Warengruppen als Reaktion auf unfaire Preisdumping-Praktiken.
- Stärkere Förderung heimischer Innovation sowie Diversifizierung von Exportmärkten außerhalb Chinas (Deutschlandfunk).
Perspektiven für die Zukunft und Handlungsempfehlungen
Die aktuelle Entwicklung zeigt, wie eng Währungs- und Handelspolitik zunehmend miteinander verflochten sind. Solange China den Yuan künstlich niedrig hält und Überkapazitäten weiterhin in den Export drückt, wird sich der Preisdruck auf deutsche Unternehmen vermutlich weiter verstärken. Einige Unternehmen setzen bereits verstärkt auf Innovation, Effizienzsteigerungen und den Ausbau alternativer Märkte jenseits von China.
Die Vorteile einer weiterhin niedrigen Einfuhrpreisbasis für Konsumenten und Verarbeiter werden durch die langfristigen Risiken für die industrielle Basis Europas überschattet. Eine gezielte Antwort auf die Währungspraktiken Chinas – international abgestimmt – erscheint unumgänglich für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Leitindustrien. Künftig werden sich Wirtschaft und Politik verstärkt darauf einstellen müssen, resilientere Lieferketten und ein ausgewogeneres Verhältnis im globalen Handel zu schaffen.
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