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Durchbruch in der Alzheimer-Therapie: Neue Hoffnung dank Antikörper-Medikamenten und Präventionsstrategien

Durchbruch in der Alzheimer-Therapie: Neue Hoffnung dank Antikörper-Medikamenten und Präventionsstrategien

Ein neues Zeitalter in der Alzheimer-Therapie: Was bringt die klinische Testphase?

Alzheimer ist längst zur zentralen Herausforderung des demografischen Wandels geworden: Weltweit sind rund 55 Millionen Menschen betroffen, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen dramatisch. Kann nun tatsächlich endlich ein neues Medikament das Fortschreiten dieser Krankheit effektiv bremsen? Seit April 2025 ist das Alzheimer-Medikament Lecanemab („Leqembi“), entwickelt von den Unternehmen Eisai und Biogen, für das Frühstadium der Krankheit auch in Europa zugelassen. Weitere vielversprechende Ansätze – etwa mit Donanemab von Eli Lilly – befinden sich ebenfalls in späten klinischen Studien. Die Frage ist: Was können diese neuen Wirkstoffe wirklich leisten, und welche Hürden bleiben?

Klinische Evidenz: Was zeigen die großen Studien?

Bis vor Kurzem hatten sämtliche Alzheimer-Medikamente ausschließlich Symptome gelindert, jedoch nie die Krankheitsursache adressiert. Lecanemab ist der erste Wirkstoff, der gezielt die charakteristischen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn angreift. In der groß angelegten CLARITY AD-Phase-3-Studie mit insgesamt 1.795 Teilnehmer:innen im Frühstadium der Erkrankung zeigte sich, dass der kognitive Verfall bei mit Lecanemab Behandelten um 27 % langsamer verlief als in der Placebogruppe. Über 18 Monate hinweg wurden Gedächtnis, Alltagskompetenzen und Problemlösung regelmäßig getestet – mit messbarem Vorteil für das neue Präparat. Diese Ergebnisse waren ausschlaggebend für die EU-Zulassung im April 2025 für bestimmte Patientengruppen im Frühstadium der Erkrankung.

Statistiken und Fallbeispiel: Wie groß ist der klinische Effekt wirklich?

Donanemab, ebenfalls ein monoklonaler Antikörper, schnitt in der TRAILBLAZER-ALZ 2-Studie ähnlich ab: In der Gruppe mit niedrigem oder mittlerem Tau-Protein-Anteil im Gehirn verzögerte Donanemab das Fortschreiten der Symptome im Vergleich zu Placebo um rund 35 %. Besonders auffällig: Fast die Hälfte der Patient:innen (47 %) wiesen nach einem Jahr keine relevante Zunahme der Symptome auf, verglichen mit 29 % in der Kontrollgruppe.

Diskussion: Chancen, Risiken und Herausforderungen

Die Wirksamkeit der neuen Therapien ist erstmals klinisch belegt. Dennoch bleiben Herausforderungen in der Anwendung. Allen voran: Sicherheit und Kontrolle von Nebenwirkungen. Besonders typisch für Amyloid-Antikörper sind sogenannte amyloidbezogene Bildgebungsanomalien (ARIA), wie Hirnschwellungen oder Mikroblutungen. In den Studien trat ARIA bei etwa ein Drittel der Patient:innen auf, häufig ohne Symptome, aber mit potenziell ernsten Folgen bei Risikogruppen.

Dazu kommt eine weitere Hürde: Die Effekte zeigen sich hauptsächlich im Frühstadium. Diagnostik, Zugang zu Erinnerungsambulanzen und die enge Überwachung während der Behandlung sind entscheidend – Faktoren, die vielerorts noch nicht flächendeckend bereitstehen.

Nicht alle Patientinnen und Patienten profitieren gleich stark; strikte Auswahl und Überwachung sind notwendig.

Prävention statt nur Therapie: Ein Paradigmenwechsel in den klinischen Studien

Aktuelle Studien konzentrieren sich zunehmend auf präventive Ansätze: Schon bevor erste Symptome auftreten, soll das Risiko gesenkt werden. Wie die aktuellen Präsentationen auf der internationalen Alzheimer Conference 2025 zeigen, gibt es starke Hinweise darauf, dass ein möglichst früher Ansatz – also bei Menschen mit genetischer Belastung oder ersten Biomarkerveränderungen – das Fortschreiten der Erkrankung noch effektiver bremsen könnte. Lebensmittelhilfe- und Lebensstilprogramme zeigen ebenfalls nachweislichen Nutzen hinsichtlich der Erhaltung kognitiver Leistungsfähigkeit älterer Menschen, wie neue US-Daten andeuten.

Erste „Real World“-Daten nach der Markteinführung von Lecanemab und Donanemab bestätigen, dass die Sicherheit unter Alltagsbedingungen gegeben ist und die Patientenzufriedenheit hoch bleibt. Parallel bleibt die Forschung weiter in vollem Gange; derzeit befinden sich mehr als 60 weitere neue Medikamente in verschiedenen klinischen Testphasen.

Was bedeutet das für Menschen, Wirtschaft und Gesellschaft?

  • Bedeutende Entlastung für Betroffene und Angehörige durch potenziell verlangsamten Krankheitsverlauf und erhaltene Selbstständigkeit über mehrere Jahre.
  • Kosteneinsparungen für Gesundheitssysteme, da Pflege- und Versorgungsaufwand erst später erforderlich werden.
  • Große Nachfrage, die jedoch Herausforderungen für die Umsetzung – v. a. Diagnostikzugang, Kostenübernahme und Ärzt*innenausbildung – mit sich bringt.

Die bahnbrechenden Fortschritte wie mit Lecanemab oder Donanemab markieren einen Wendepunkt: Erstmals ist das Fortschreiten von Alzheimer pharmakologisch messbar und klinisch relevant zu bremsen. Trotz Nebenwirkungsrisiken im Drittelbereich, hohen Kosten und streng begrenztem Einsatzgebiet ist der gesellschaftliche wie wirtschaftliche Nutzen potenziell gewaltig. Die Zukunft der Alzheimer-Therapie dürfte durch frühzeitige Prävention und eine neue Generation gezielter Wirkstoffe bestimmt werden. Entscheidend werden Zugang zu Diagnostik, individuelle Risikobewertung und die Entwicklung sicherer, breiter anwendbarer Präparate. Für die Erkrankten und ihre Familien wachsen damit Hoffnung und Handlungsspielraum, zugleich winkt eine spürbare Entlastung für Pflege- und Sozialsysteme.

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