Metro AG setzt Wachstumskurs fort: Umsatzplus von 5,3 Prozent und neue Profitabilitätsstrategie im Fokus
Der Großhändler Metro AG hat im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2024/25 ein beachtliches Umsatzwachstum demonstriert. Mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von 5,3 Prozent auf 15,58 Milliarden Euro zeigt sich das Unternehmen in einer starken Marktposition. Doch während die Umsatzzahlen erfreulich ausfallen, offenbaren sich gleichzeitig erhebliche Profitabilitätsherausforderungen, die das Management zu einer strategischen Neuausrichtung bewogen haben. Die Frage lautet: Kann Metro diese Wachstumsdynamik in echte Gewinne umwandeln, oder werden Inflationsdruck und Preisinvestitionen das Unternehmen weiterhin belasten?
Beeindruckendes Umsatzwachstum über alle Vertriebskanäle
Metro hat eine konsistente Wachstumsstrategie umgesetzt, die sich über nahezu alle Geschäftsbereiche erstreckt. Das stationäre Geschäft verzeichnete einen Anstieg um 2,6 Prozent auf 11,4 Milliarden Euro, während das Belieferungsgeschäft mit einem Plus von 13,4 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro deutlich stärker zulegte. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung der digitalen Plattform Metro Markets, die um 15,1 Prozent auf 80 Millionen Euro anwuchs – primär getrieben durch das Hotel-, Restaurant- und Catering-Segment (HoReCa). Diese Diversifizierung über verschiedene Vertriebskanäle unterstreicht die erfolgreiche Umsetzung der sCore-Strategie von Metro, die auf eine breite Kundenbase abstellt.
Im zweiten Quartal beschleunigte sich die Dynamik sogar noch: Der Umsatz stieg in lokaler Währung um 3,4 Prozent, wobei alle Vertriebskanäle zum Wachstum beitrugen. Besonders hervorzuheben ist die Entwicklung im April 2025, wo aufgrund der späteren Osterfestlegung ein Umsatzwachstum von über 11 Prozent verzeichnet wurde – ein Zeichen für die zugrunde liegende Wachstumskraft des Unternehmens jenseits saisonaler Schwankungen.
Profitabilitätskrise trotz steigender Umsätze: Das Ergebnis-Dilemma
Während die Umsatzentwicklung positiv ausfällt, zeichnet sich bei der Profitabilität ein besorgniserregendes Bild ab. Das bereinigte EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation, and Amortization) sank von 484 Millionen Euro im Vorjahr auf 468 Millionen Euro – ein Rückgang um 16 Millionen Euro, der sich bei Wechselkursbereinigung noch deutlicher auf minus 6 Millionen Euro darstellt. Im deutschen Markt war die Situation sogar kritischer: Das bereinigte EBITDA brach um rund 45 Prozent ein und fiel von 53 Millionen Euro auf 29 Millionen Euro.
Metro führt diesen Rückgang primär auf zwei Faktoren zurück: Kosteninflation und gezielte Preisinvestitionen. Das Unternehmen hat bewusst Preismaßnahmen zugunsten von Kundenkonkurrenzfähigkeit vorgezogen, anstatt diese vollständig an die Kundschaft weiterzugeben. Dies ist eine risikoreiche Strategie in einem angespannten Marktumfeld. Besonders bemerkenswert ist, dass die Transformationskosten im ersten Halbjahr auf 28 Millionen Euro anstiegen – eine deutliche Erhöhung gegenüber den 5 Millionen Euro Transformationserträgen des Vorjahres.
Ein weiterer Aspekt: Obwohl das bereinigte EBITDA sank, erreichte das Gesamtheit-EBITDA 537 Millionen Euro (Vorjahr: 519 Millionen Euro), gestützt durch Immobilientransaktionen im Umfang von 98 Millionen Euro, hauptsächlich aus Belgien. Diese Asset-Light-Strategie zeigt, dass Metro zur Stützung seiner Finanzkennzahlen auf Vermögensverkäufe angewiesen ist – ein Zeichen für strukturelle Herausforderungen.
Strategische Neuausrichtung: Profitabilität vor Wachstum
Metro-Chef Steffen Greubel hat angekündigt, dass zukünftig ein verstärkter Fokus auf Profitabilität und Produktivität gelegt werden soll. Das Ende 2024 gestartete umfassende Kostenführungsprogramm (Cost-Leadership-Programm) soll die Rentabilität wieder auf Kurs bringen. Dies markiert einen subtilen, aber bedeutenden strategischen Schwenk: Nicht aggressives Wachstum um jeden Preis, sondern qualitatives, profitables Wachstum steht im Mittelpunkt.
Diese Neuausrichtung wird durch die erfolgreiche Delisting der Metro AG vom Kapitalmarkt erleichtert. Ohne den Druck von Quartalserwartungen und Analysten kann das Unternehmen längerfristige, strukturelle Verbesserungen vornehmen, ohne kurzfristige Gewinnadjustierungen vornehmen zu müssen. Das ist strategisch sinnvoll, denn der Rückgang der Profitabilität signalisiert, dass das bisherige Modell unter Druck geraten ist.
Regionale Unterschiede und Chancen im Osten
Ein wichtiger Erkenntnispunkt ist die regionale Divergenz der Profitabilität. Während Deutschland und Westeuropa durch Kosteninflation belastet wurden, konnte Metro in den Segmenten Ost und Russland dank des Umsatzwachstums das EBITDA sogar steigern. Dies deutet auf unterschiedliche Marktdynamiken hin: In etablierteren Märkten (Deutschland, Westeuropa) ist es schwieriger, Wachstum in Profitabilität zu konvertieren, während in weniger gesättigten Märkten Skalierungseffekte noch zu funktionieren scheinen.
Zudem verzeichnete Metro IT-Kosteneinsparungen im Segment „Other“, was auf erfolgreiche Effizienzmaßnahmen hindeutet. Diese kleineren, aber wichtigen Profitabilitätsverbesserungen zeigen, dass das Management aktiv nach Optimierungsmöglichkeiten sucht.
Drittes Quartal: Beschleunigte Dynamik mit verbessertem EBITDA
Der Trend setzte sich im dritten Quartal 2024/25 fort. Metro erzielte einen Umsatz von 8.357 Millionen Euro (Vorjahr: 7.975 Millionen Euro) und steigerte die Umsätze in lokaler Währung um 7,4 Prozent. Besonders erfreulich war die EBITDA-Entwicklung: Das bereinigte EBITDA im Q2 2024/25 lag bei 56 Millionen Euro, wies zwar einen Rückgang von 77 Millionen Euro im Vorjahr auf, aber das Aprilgeschäft zeigte „deutlich verbessertes EBITDA im Vergleich zum Vorjahr“.
Dies ist ein kritisches Signal: Die Kostenführungsprogramme beginnen zu wirken. Nach neun Monaten des Geschäftsjahres lag der Umsatz bei 23.988 Millionen Euro (Vorjahr: 22.988 Millionen Euro), ein Anstieg von 4,3 Prozent. Allerdings weist der Nettoverlust von 122 Millionen Euro nach neun Monaten (gegenüber 48 Millionen Euro im Vorjahr) darauf hin, dass auf der Gewinnnachseite erhebliche Lasten vorhanden sind – möglicherweise durch Finanzierungskosten, Steuern oder weitere Transformation.
Netzwerk und Standorte: Expansion ohne Überexpansion
Metro betreibt zum 31. März 2025 insgesamt 623 Standorte, davon 523 Out-of-Store-Standorte und 94 Depots. Diese Zahl zeigt, dass das Unternehmen seine Expansion moderat hält und eher auf Effizienzgewinne in bestehenden Strukturen setzt, anstatt aggressive neue Standorte zu eröffnen. Dies passt zur neuen Profitabilitätsorientierung.
Ausblick und Jahresprognose: Vorsichtiger Optimismus
Trotz der profitabilitätsbedingten Herausforderungen hat Metro seine Prognose für das Geschäftsjahr 2024/25 bestätigt. Das Unternehmen strebt an, den Umsatz aus eigener Kraft um 3 bis 7 Prozent zu steigern und das bereinigte operative Ergebnis leicht zu erhöhen. Dies ist ein ambitioniertes Ziel, das nur durch erfolgreiche Umsetzung des Kostenführungsprogramms erreichbar ist.
Die saisonalen Effekte bleiben ein Risikofaktor – das späte Osterfest 2025 hatte bereits Auswirkungen auf die Q2-Resultate. Dennoch zeigt die Aprilentwicklung (über 11 % Wachstum), dass die zugrunde liegende Wachstumsdynamik stabil bleibt.
Implikationen für verschiedene Stakeholder
Für Investoren und Kreditgeber ist die aktuelle Situation eine Gratwanderung. Das Umsatzwachstum signalisiert Marktstärke und Kundenakzeptanz, aber die Profitabilitätsrückgänge und steigenden Nettoverluste werfen Fragen zur Geschäftsmodell-Nachhaltigkeit auf. Die aggressive Preisstrategie könnte kurzfristig Marktanteile sichern, langfristig aber Margendruck bedeuten.
Für Lieferanten und Partner ist Metro weiterhin ein wichtiger Distributionskanal mit stabilen Wachstumsperspektiven. Die HoReCa-Fokussierung bietet zusätzliche Opportunities, da dieser Sektor traditionell höhere Margen und Volumenpotenziale bietet.
Für Konkurrenten wie Uniper oder andere Großhandelsketten signalisieren die Metro-Zahlen ein angespanntes Marktumfeld mit Preisdruck und Kostenenflation – ein Zeichen, dass branchenweite Profitabilitätsherausforderungen bestehen.
Analyse und Investmentempfehlungen
Aktienempfehlungen
Metro AG (nach Delisting nicht börsengehandelt): Vor dem Delisting hätte die Analyse gelautet: Halten, mit negativem Risiko. Das Unternehmen hat zwar Wachstum, aber der fehlende Profitbeitrag und der Nettoverlust machen eine Kaufempfehlung schwierig. Nach dem Delisting ist dies für öffentliche Anleger irrelevant, aber strategische Investoren sollten die Profitabilitätsentwicklung genau monitoring. Der Aktienkurs würde unter den aktuellen Bedingungen unter Druck stehen.
Vergleichbare börsengehandelte Konzerne im Großhandel: Unternehmen mit stabileren Margen und besserer Kostenstruktur (z.B. Logistik- und Distributionsunternehmen mit höheren Automatisierungsgrad) sollten bevorzugt werden. Der Metro-Fall zeigt, dass klassischer Großhandel unter erheblichem Margendruck leidet.
Lieferanten- und Technologie-Konzerne: Unternehmen, die Metro bei der Digitalisierung unterstützen (Software, Logistik-Optimierung), könnten profitieren. Metro Markets zeigt, dass digitale Kanäle höhere Gewinnspannen ermöglichen.
Vor- und Nachteile für die gesamte Wirtschaft
Vorteile:
- Wettbewerbsdruck führt zu niedrigeren Preisen für Endkonsumenten und HoReCa-Betriebe, was Inflation bremsen kann
- Digitalisierung von Großhandelsprozessen erhöht Effizienz in der Supply Chain
- Stabile Belieferung von Restaurants und Hotels unterstützt Gastronomie- und Tourismussektor
- Kosteneinsparungen durch Effizienzprogramme könnten bei erfolgreicher Umsetzung zu besseren Margins und Investitionen führen
Nachteile:
- Preiswettbewerb zu Lasten der Profitabilität schwächt Reinvestitionen in Infrastruktur und Innovation
- Kostendruck kann zu Personalabbau oder Qualitätsverschlechterung führen
- Wenn Metro und andere Großhändler unter Druck geraten, könnte dies zu Konsolidierungswellen führen, was Monopolrisiken schafft
- Reduzierte Profitabilität erschwert Transformation zu nachhaltigen Geschäftsmodellen
Zukünftige Entwicklungen und Trendprognose
Kurzfristig (nächste 12 Monate): Metro wird mit dem Kostenführungsprogramm fokussieren, Standorte optimieren und Digitalisierung vorantreiben. Die HoReCa-Fokussierung bleibt zentral. Prognose: Marginale Profitabilitätsverbesserung durch Kostenkontrolle, aber kein signifikanter EBITDA-Anstieg erwartet. Umsatzwachstum von 3-7% sollte erreichbar sein.
Mittelfristig (2-3 Jahre): Digitale Kanäle (Metro Markets, Belieferung) werden weiter wachsen und höhere Margen generieren. Das wird Gesamtprofitabilität stützen. Konsolidierung im deutschen und europäischen Großhandel ist wahrscheinlich. Metro könnte entweder Akquisitionsziel werden oder selbst Konsolidierungen durchführen. Prognose: Strukturelle Profitabilitätsverbesserung, aber nur bei erfolgreicher digitaler Transformation.
Langfristig (3-5 Jahre): Der Großhandel wird sich digitaler, automatisierter und kleinteiliger fragmentieren. Traditionelle Cash-and-Carry-Konzepte werden unter Druck bleiben, aber spezialisierte Angebote (HoReCa, nachbarschaftliche Versorgung) könnten gedeihen. Metro müsste entweder zum digitalen Pure-Player oder zu einem hochspezialisierten Nischen-Großhändler werden. Prognose: Branchenkonsolidierung setzt sich fort, aber Nischen-Player profitieren.
Insgesamt zeigt Metro ein Unternehmen in Transition. Das Wachstum ist real, aber nicht in Profitabilität konvertierbar unter den aktuellen Marktbedingungen. Die strategische Neuausrichtung auf Kostenführerschaft und Profitabilität ist notwendig, aber riskant – sie könnte Marktanteile kosten, wenn nicht geschickt umgesetzt. Für Investoren und Partner ist dies ein „Show-Me“-Story: Die nächsten zwei bis drei Quartale werden zeigen, ob das Kostenführungsprogramm funktioniert. Bis dahin bleibt Metro ein Halte-, kein Kauf-Kandidat. Die digitale Transformation von Großhandelsprozessen ist mittel- bis langfristig interessant, aber kurzfristig profitabilitätsschädigend. Wer von Metro profitiert, sind spezialisierte Technologie- und Logistik-Dienstleister, nicht klassische Retailer.
Schlüsselfaktoren für die Überwachung
- Entwicklung des bereinigten EBITDA – wird die Kostenführung funktionieren?
- HoReCa-Segment – wächst es schnell genug, um Gesamtmargen zu verbessern?
- Digitalisierungsfortschritt (Metro Markets) – wird das 15%+ Wachstum anhalten?
- Deutsche Profitabilität – kann die 45%-ige EBITDA-Reduktion stabilisiert werden?
- Nettoverlust-Trend – wird dieser reduziert oder weitet sich aus?



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