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Euro-Bund-Future trotzt Konjunkturschwäche: Was Anleger jetzt wissen müssen

Euro-Bund-Future trotzt Konjunkturschwäche: Was Anleger jetzt wissen müssen

Der Euro-Bund-Future hat am 2. Oktober 2025 erneut zugelegt, obwohl die deutsche Wirtschaft weiter schwächelt. Warum steigen also deutsche Staatsanleihen ausgerechnet in einem konjunkturell schwierigen Umfeld? Und was bedeutet das für Anlageentscheidungen in der gesamten Eurozone? Diese und weitere Fragen bewegen aktuell die Märkte und beeinflussen auch die Ertragschancen für Aktien wie Deutsche Börse, Allianz, oder Linde. Sind defensive Titel nun das Maß der Dinge?

Euro-Bund-Future: Wertanstieg trotz mauer Wirtschaftsdaten

Der Euro-Bund-Future kletterte am Morgen des 2. Oktober auf 128,69 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen lag stabil bei 2,70 Prozent. Bemerkenswert: Parallel dazu fällt der Economic Sentiment Indicator (ESI) in der Eurozone und signalisiert weiterhin eine „mühsame wirtschaftliche Erholung“. Trotz dieser schwachen Konjunkturdaten hält sich die Hoffnung am Anleihemarkt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen aufgrund moderater Inflationsdaten nicht weiter anhebt oder sogar länger verharrt. Insbesondere die Prognose der Verbraucherpreise für September mit 2,3% Inflation gibt der EZB Spielräume, auch wenn das Ziel von 2% übertroffen wird.

Größere Impulse könnten nach Einschätzung von Analysten allerdings aus den USA kommen, etwa durch politische Unsicherheiten wie einen möglichen Government Shutdown. Dennoch zeigen sich deutsche Staatsanleihen bislang weitgehend immun gegenüber den US-Risiken. Die Marktlage bleibt jedoch störanfällig, was die defensive Nachfrage nach sicheren deutschen Papieren erklärt.

Technologische Angebote und Neuerungen am Rentenmarkt

Für Anleger besonders interessant: Die Deutsche Börse-Tochter Eurex hat angekündigt, ab September 2025 neue Euro-EU Bond Futures zu handeln. Damit wird das Angebot für das Management von Zinsen und Risiken deutlich erweitert. Die neuen, physisch auslieferbaren Derivate sorgen für zusätzliche Liquidität und decken insbesondere die immense EU-Anleiheausgabe von inzwischen über 600 Milliarden EUR ab. Durch die Integration in das Portfolio-Margining entstehen Effizienzvorteile bei der Kapitalunterlegung und dem Risiko-Management. Dies ist vor allem für institutionelle Anleger relevant und könnte mittelfristig dazu beitragen, die Attraktivität europäischer Anleihemärkte zu stärken.

  • Ab 10.09.2025 können erstmals Futures auf EU-Anleihen an der Eurex gehandelt werden.
  • Die neuen Euro-EU Bond Futures ergänzen Standards wie Bund, OAT, BTP und Bono.
  • Vorteil: Noch effizienteres Hedging und internationale Risikodiversifikation

Politische und geldpolitische Rahmenbedingungen

Die Europäische Zentralbank verhält sich angesichts anhaltenden Preisdrucks und struktureller Unsicherheiten weiter abwartend. Nach Angaben von Experten der Helaba werden kurzfristig keine Zinssenkungen erwartet. Gründe dafür sind:

  • Inflation bleibt mit 2,3% über dem EZB-Ziel
  • Der Arbeitsmarkt zeigt sich noch robust, allerdings schwächt sich das Wachstum ab
  • Internationale Risiken, etwa durch die US-Finanzlage

Das führt dazu, dass deutsche Staatsanleihen als „sicherer Hafen“ gefragt bleiben. Gerade Versicherer, Banken und Pensionsfonds investieren verstärkt in diese Titel, um Risiken im unsicheren Umfeld zu reduzieren.

Implikationen für Aktionäre und die Wirtschaft

Die aktuelle Marktdynamik hat Folgen für verschiedene Sektoren:

  • Banken und Versicherer wie Allianz, Deutsche Bank und Munich Re profitieren von stabilen Anleiheportfolios, jedoch drücken niedrige Realrenditen auf ihre Margen.
  • Defensive Konsum- und Gesundheitswerte, etwa Fresenius, SAP oder Beiersdorf, gewinnen an Interesse, da Anleger Wachstums- und Konjunkturrisiken meiden.
  • Exportorientierte Industrieunternehmen wie Siemens oder Volkswagen könnten weiter verlieren, da die Nachfrageschwäche anhält und der starke Anleihenmarkt signalisiert, dass Investoren Risiko meiden.

Konkrete Empfehlungen: Welche Aktien kaufen, halten oder verkaufen?

  • Kaufen: Titel aus dem Gesundheitssektor (Fresenius, Siemens Healthineers), IT und Software (SAP) sowie defensive Konsumwerte (Beiersdorf).
  • Halten: Versicherer (Allianz, Munich Re), da sie von stabilen Anleiherenditen profitieren, wenn auch mit begrenztem Kurspotenzial.
  • Verkaufen: Zyklische Werte und Exporteure (Siemens, Volkswagen, BASF), da das Rezessionsrisiko hoch bleibt und die Anleihemärkte Risikoaversion widerspiegeln.

Vor- und Nachteile für die Gesamtwirtschaft

  • Vorteile: Stabile Finanzierung des Staates; günstige Kreditkonditionen für den Staat; Planungssicherheit für Pensionskassen und Versicherungen.
  • Nachteile: Schwache Renditen für Sparer; wachsende Gefahr von „Crowding Out“, also einer Verdrängung privater Investitionen; begrenztes Wachstumspotential durch mangelnde Risikofreude der Märkte.

Perspektiven und Marktentwicklung

In den kommenden Monaten ist kaum mit einer Zinssenkung der EZB zu rechnen. Sollte die Konjunktur weiter stagnieren und die Inflation langsam zurückgehen, könnten die Bund-Futures ihre Relative Stärke halten – vor allem durch Nachfrage institutioneller Investoren. Technologische Neuerungen wie die Einführung neuer Eurex Futures auf EU-Anleihen stärken die Infrastruktur des Marktes und erhöhen die Effizienz für große Anleger. Für Privatanleger bleibt der Markt allerdings wenig attraktiv, solange die Renditen nahe der Inflationsrate verharren und Aktienchancen in Wachstumsbranchen überwiegen.

Investoren sollten nun besonders auf defensive Sektoren setzen, steigende Anleihekurse zum Schutz nutzen und zyklische Aktien eher meiden. Die strukturellen Umwälzungen am Rentenmarkt bieten jedoch mittelfristig Chancen für innovationsorientierte Unternehmen und Investoren, die Flexibilität und Kapitaleffizienz zu schätzen wissen.

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