Junge Menschen und der Auszug aus dem Elternhaus in der EU – Regionale Unterschiede und wirtschaftliche Folgen

Junge Menschen und der Auszug aus dem Elternhaus in der EU – Regionale Unterschiede und wirtschaftliche Folgen

Weshalb entscheiden sich junge Menschen in Europa immer später für den Schritt in die Selbständigkeit, und was bedeutet das für Wohnungsmarkt und Wirtschaft? Mit durchschnittlich 26,2 Jahren verlassen junge Erwachsene in der Europäischen Union das Elternhaus – allerdings schwankt dieses Alter regional erheblich. Besonders früh ziehen die Menschen in Skandinavien und den Niederlanden aus, während in Süd- und Osteuropa – allen voran Kroatien und Griechenland – viele junge Erwachsene weit über 30 noch daheim wohnen. Was steckt hinter diesen Unterschieden, und wie beeinflussen sie den Wohnungsmarkt? Immobilien-Aktien könnten in Regionen mit höherem Auszugsalter potenziell verlieren, während Städte mit niedrigen Auszugsaltern Chancen für Wohnungskonzerne bieten.

Regionale Unterschiede: Wo Europa früh, wo spät abnabelt

Laut aktuellen Statistiken des Statistischen Bundesamts und Eurostat zieht beispielsweise ein junger Mensch in Deutschland im Schnitt bereits mit 23,9 Jahren aus, während Schweden, Dänemark und Finnland gar noch darunter liegen – Finnland ist europäischer Spitzenreiter mit etwa 21,4 Jahren Auszugsalter. Noch früher sind nur wenige andere EU-Länder, darunter die Niederlande (23,2 Jahre) und Frankreich (23,5 Jahre). Die Gründe: Ein hoher Grad an wirtschaftlicher Eigenständigkeit, frühere Berufseintritte und ein größeres Angebot an studentischem Wohnraum und staatlichen Unterstützungen erleichtern in diesen Regionen das Loslösen vom Elternhaus.

Demgegenüber steht der Mittelmeerraum. In Kroatien (31,3 Jahre), der Slowakei (30,9 Jahre), Griechenland (30,7 Jahre) und selbst in Spanien, Italien und Portugal (ca. 30 Jahre) bleiben junge Erwachsene viel länger im Familienverbund. Ursachen sind hier unter anderem niedrigere Einkommen, hohe Jugendarbeitslosigkeit sowie Wohnungsnot und traditionell starke Familienbindungen. Auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen für junge Menschen greifen oft später oder schwächer, wie ausführlich im aktuellen Bericht des Statistischen Bundesamts und Eurostat erläutert wird (Statistisches Bundesamt).

Wichtige neue Erkenntnisse: Was Fachleute und Studien sagen

  • Gleichstellung und Geschlechterunterschiede: Männer ziehen EU-weit im Durchschnitt 1,5 Jahre später aus als Frauen. Der Unterschied verdeutlicht gesellschaftliche Prägungen und tradierte Rollenbilder, wie sowohl deutsche wie europäische Statistiken ausführlich belegen.
  • Wohnungsmarkt unter Druck: In Ländern mit niedrigem Auszugsalter besteht eine erhöhte Nachfrage nach kleinen, bezahlbaren Wohnungen. Immobilienunternehmen wie Vonovia profitieren davon insbesondere in Städten mit Hochschulen und attraktiven Jobangeboten. Dagegen bleibt der Druck auf den Wohnungsmarkt in Ländern mit hohem Auszugsalter geringer – dort gibt es weniger junge Einpersonenhaushalte, was die Renditechancen für Anleger schmälert (Haus und Grund Verband).
  • Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft: Der spätere Auszug ist laut Experten wie Rüdiger Maas vom Institut für Generationenforschung mitfolgend für die persönliche Entwicklung: Spätes „Abnabeln“ kann Unselbständigkeit, verzögerte finanzielle Unabhängigkeit und einen späteren Eintritt in Konsum, Partnerbindung und Familiengründung bedeuten. Wirtschaftlich verschiebt dies den Konsumzyklus und kann das Wachstum bremsen, aber auch die soziale Stabilität stärken (ZDF heute).

Auswirkungen und Empfehlungen für Investoren

Gerade Immobiliengesellschaften und Unternehmen, die direkt an der Nachfrage nach Single-Haushalten und studentischem Wohnraum partizipieren, wie z.B. Vonovia oder LEG Immobilien, könnten von niedrigen Auszugsaltern und urbaner Verdichtung in Zuzugsregionen profitieren. Anders sieht es in Teilen Südeuropas aus, wo sich Investments in den Wohnungsneubau für junge Zielgruppen weniger rentieren und defensive Aktien auf Bestandshaltung zu bevorzugen sind.

  • Aktien, die Chancen bieten: Vonovia, LEG Immobilien (für den deutschsprachigen und nordeuropäischen Markt); Anbieter von Mikroapartments und Studentenwohnheimen in wachsenden Hochschulstandorten.
  • Aktien, die defensive Strategien empfehlen: Bestandshalter in Ländern mit hohem Auszugsalter, z.B. Merlin Properties in Spanien; Fokus auf langfristige Vermietung statt Neubau für junge Erwachsene.
  • Risiko für Wohnungsbauunternehmen und Banken: In Märkten mit spät ausziehenden Generationen verzögert sich die Nachfrage nach Baukrediten – Banken und Baufirmen sollten Engagements genau prüfen.

Langfristige Entwicklung: Was erwartet die EU?

Mehrere Trends deuten darauf hin, dass sich die Schere weiter öffnet. In wirtschaftlich starken, liberalen Volkswirtschaften Skandinaviens könnte das Auszugsalter stabil niedrig bleiben oder sogar sinken – vorausgesetzt, der studentische und berufliche Wohnraum bleibt bezahlbar. In Südeuropa sind dagegen demografische Stagnation, hohe Arbeitslosigkeit und Wohnungsmangel Bremsklötze. Zugleich wächst der Druck auf die Politik, mehr bezahlbaren Wohnraum und berufliche Perspektiven für junge Menschen zu schaffen. Europaweit bleibt ein zentrales Ziel, die ökonomische Selbstständigkeit und Mobilität von jungen Erwachsenen durch gezielte Standort- und Wohnungspolitik zu fördern.

Die aktuellen Statistiken liefern auch für Investoren konkrete Hinweise: Wachstumschancen bieten Immobilienunternehmen und Anbieter von Wohnlösungen für junge Menschen vor allem in Regionen mit niedrigem Auszugsalter, etwa in Zentraleuropa und Skandinavien. Hier sollte auf Expansion gesetzt, in Südeuropa dagegen eher die Defensive gesucht werden. Volkswirtschaftlich bleibt der Trend zum späten Auszug ein Risikofaktor mit Blick auf Konsum, Innovationsfähigkeit und demografische Dynamik. Auch in Deutschland sorgt der leichte Anstieg des Nesthocker-Anteils für wachsende Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt. Die Politik ist gefordert, durch kluge Rahmenbedingungen die Eigenständigkeit junger Erwachsener zu fördern – ansonsten bleibt die wirtschaftliche Dynamik mittelfristig gehemmt.

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