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Hochleistungschips: Deutschland zwischen Förderhoffnung und Subventionsskepsis

Hochleistungschips: Deutschland zwischen Förderhoffnung und Subventionsskepsis

Chancen und Herausforderungen: Deutschlands Weg zu Hochleistungschips

Der weltweite Chipmarkt boomt, in Deutschland herrscht jedoch Uneinigkeit über die richtige Förderstrategie. Wie viel Staat braucht die zukünftige Halbleiterindustrie? Und bergen milliardenschwere Einzelprojekte wie das von Intel das Risiko teurer Fehlschläge?

Die Dringlichkeit einer starken Chipindustrie

Hochleistungschips sind das Rückgrat digitaler Ökosysteme und Treiber von Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz, autonomem Fahren oder Kommunikationstechnologien. Für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ist eine verlässliche Versorgung nicht nur mit Standard-, sondern mit modernsten Halbleitern essenziell. Verbände wie Bitkom warnen bereits seit langem: Ohne eigene Entwicklung und Produktion droht eine massive Abhängigkeit von Asien und den USA.

Daher hat die Bundesregierung milliardenschwere Programme aufgelegt, um die Branche entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu unterstützen. Besonderes Augenmerk liegt auf Projekten, die Europas Souveränität stärken – begünstigt durch Initiativen wie den EU Chips Act oder das IPCEI-Programm für Mikroelektronik. Laut Branchenexperten werden Nachfrage und Relevanz wegen Digitalisierung und Transformation zur klimaneutralen Industrie weiter zunehmen (Bitkom).

Turbulenzen um Großprojekt-Förderungen – Fallbeispiel Intel

Doch mittlerweile stehen Großeinzelförderungen massiv in der Kritik. Besonders das spektakulär gescheiterte Ansiedlungsvorhaben des US-Giganten Intel in Magdeburg – für das Bund und Land weit über zehn Milliarden Euro an Zusagen in Aussicht gestellt hatten – hat die Debatte verschärft. Nach dem spektakulären Rückzug von Intel haben Politiker:innen, darunter Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, gefordert, Einzelförderungen sorgfältiger zu prüfen. Sie bemängelt, dass die Projekte in Magdeburg (Intel) und Itzehoe (Northvolt) zu riskant gewesen seien – die Haushaltsmittel bei Intel gingen nie an den Konzern, doch beim Batteriehersteller Northvolt besteht die Gefahr, dass ein Millionenbetrag schlicht verloren ist (Deutschlandfunk).

Reiche betont, dass es weiterhin wichtig sei, bei Hochleistungschips voranzukommen. Doch die Fokussierung auf wenige Großansiedlungen widerspricht ihrer Ansicht nach dem Ziel, mit öffentlichen Geldern eine nachhaltige, breite Struktur in der Industrie zu erreichen. Die Forderung nach Fehlervermeidung durch intensivere Prüfung bei der Projektförderung wird im politischen Berlin lauter (IT Boltwise).

Ansätze für eine nachhaltigere Industriepolitik

Statt Einzelprojekten schlägt Reiche einen Paradigmenwechsel in der Subventionspolitik vor. Vielversprechende Förderansätze könnten sein:

  • Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) stärker einzubinden, um eine breitere industrielle Basis zu schaffen.
  • Innovationscluster und Forschungsallianzen zu fördern, beispielsweise im Rahmen von Universitäten und Forschungszentren.
  • Best-Practice-Anreize aus Südkorea, Taiwan oder den USA zu übernehmen – etwa steuerliche Vorteile für starke Investitionsanreize jenseits von Direktzuschüssen.
  • Den Ausbau der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette zu unterstützen, vom Chipdesign über Materialien bis zu Maschinenbau und Verpackung.

Laut Bitkom wurden mit dem IPCEI-II-Programm schon rund 4 Milliarden Euro für Chipfabriken und Kommunikationstechnologien bereitgestellt – ein Indikator, dass die Politik bereits auf breiteres Fördern setzt.

Statistiken und Fallstudien: Förderpolitik auf dem Prüfstand

Eine genaue Analyse vergangener Projekte zeigt:

  • Die Förderung von Intel in Magdeburg (geplant: >10 Mrd. €) ist bislang ungenutzt, aber mit großen Imageschäden verbunden.
  • Northvolt in Schleswig-Holstein könnte zu erheblichen Verlusten führen, sollte das Projekt endgültig scheitern.
  • Kleinere IPCEI-Projekte, etwa Infineon in Dresden, zeigen laut Experten trotz geringerer Volumina oft eine bessere Kosten-Nutzen-Bilanz.

Diskussionen und Ausblick: Was ist jetzt zu erwarten?

Die Zukunft der deutschen Halbleiterförderung steht an einem Scheideweg. Diskutiert werden folgende Vor- und Nachteile von Großprojekt-Förderungen:

  • Vorteile: Einzelgroßprojekte erzeugen internationale Aufmerksamkeit, können Kompetenzzentren aufbauen und Arbeitsplätze schaffen. Im Erfolgsfall zieht ein Leitunternehmen zusätzliche Zulieferer und Start-ups an.
  • Nachteile: Großprojekte sind risikobehaftet und bei Fehlschlägen ist der wirtschaftliche und politische Schaden enorm. Es drohen Klumpenrisiken und eine Verzerrung des Wettbewerbs.

Erwartet wird, dass sich die Politik in Zukunft verstärkt auf kluges Clustermanagement, mehrstufige Innovationsförderung und gezielte Risikoprüfung verlagert. Der Branchenverband Bitkom drängt auf ein „Level Playing Field“ und die Integration international bewährter Instrumente.

Eine nachhaltige Förderung der Hochleistungschip-Industrie muss gezielter, breiter aufgestellt und innovationsfreundlicher erfolgen. Profitieren würden davon die gesamte Wirtschaft – von Automobil über KI bis Mittelstand – sowie die Verbraucher, die auf sichere, moderne Technik angewiesen sind. Entscheidend bleibt, Subventionsgelder mit maximaler Wirkung und minimalem Risiko einzusetzen: für mehr digitale Souveränität, Wertschöpfung und zukunftsfähige Arbeitsplätze.

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