EU-China-Gipfel 2025: Handel gerät weiter ins Ungleichgewicht – Ursachen, Folgen und Perspektiven
EU-China-Handelsbilanz kippt: Ein dramatischer Trend
Der Außenhandel zwischen der Europäischen Union und China steht derzeit so sehr im Fokus wie nie zuvor. Jüngste Zahlen aus dem Jahr 2025 zeigen: Das Handelsdefizit zugunsten Chinas ist auf ein Rekordniveau gestiegen. Deutsche Ausfuhren nach China gingen in den ersten fünf Monaten massiv zurück, während die Einfuhren aus China kräftig zulegten. Laut Institut der deutschen Wirtschaft ist das Defizit im Güterhandel für Deutschland gegenüber 2020 um das 3,6-fache angestiegen, im Euroraum hat es sich sogar verdoppelt. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie lange kann die EU diesem Trend noch tatenlos zusehen?
Wachsender Druck durch chinesische Wettbewerbspraktiken
Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist das Vorgehen Chinas bei Subventionen und Währungspolitik. Die chinesische Regierung unterstützt gezielt Schlüsselindustrien, vor allem im Bereich Elektromobilität und grüne Technologien. Gleichzeitig wird der Yuan gegenüber dem Euro aus Sicht vieler Experten künstlich unterbewertet, was chinesische Produkte in Europa deutlich günstiger macht. Billigimporte, beispielsweise von Elektroautos, überschwemmen den EU-Markt. Erste Reaktionen zeigen Wirkung: Nachdem die EU Ausgleichszölle auf chinesische E-Autos erhob, sind deren Importe um 38 Prozent zurückgegangen.
EU-Vertreter kritisieren diese Politik offen als Wettbewerbsverzerrung. Laut IW Köln droht eine beschleunigte De-Industrialisierung in Deutschland, sollten keine Gegenmaßnahmen erfolgen. Die von der EU eingerichtete Importüberwachungs-Taskforce beobachtete zuletzt sogar, dass chinesische Exporte dank amerikanischer Strafzölle noch häufiger den Weg nach Europa finden. Das Risiko einer Entkoppelung oder dauerhaften Wettbewerbsbenachteiligung wächst.
Fallbeispiel: Die Auswirkungen auf die deutsche Automobilindustrie
Insbesondere der deutsche Fahrzeugbau steht unter Druck. Chinesische Industriepolitik sorgt für massive Überkapazitäten und „Dumpingpreise“ am Weltmarkt. Europäische Hersteller wie Volkswagen oder Mercedes-Benz kämpfen mit Absatzrückgängen in China und gleichzeitig mit verschärftem Wettbewerb auf dem Heimatmarkt. Während chinesische Marken wie BYD oder Geely ihren Marktanteil ausbauen, geraten Traditionskonzerne unter Zugzwang, sich strategisch neu zu positionieren.
Politische Gegenmaßnahmen und Risiken für die Zukunft
Die EU ringt mit einer strategischen Antwort. Neben Zöllen sind Mindestpreise für bestimmte chinesische Exporte im Gespräch. Grundsätzlich ist eine gerechtere Marktöffnung das Ziel: China profitiert von Zugang zum EU-Binnenmarkt, ohne vergleichbare Gegenseitigkeit zuzulassen. Dies betrifft etwa Themen wie geistiges Eigentum, Technologietransfer und regulatorische Hürden. Die EU setzt auf nachhaltigen Dialog – aber auch auf Maßnahmen zum Schutz der eigenen Wirtschaft, wie etwa das jüngst gestärkte Handelsinstrumentarium.
Gleichzeitig bleibt China ein wichtiger Partner etwa im Bereich Klimaschutz und bei der Versorgung mit kritischen Rohstoffen. Die EU steht vor dem Dilemma, einerseits die Abhängigkeit zu reduzieren, andererseits aber die Chancen der Zusammenarbeit nicht zu verspielen. Laut EU-Kommission beliefen sich die wechselseitigen Handelsströme 2024 auf 732 Milliarden Euro – ein enormer Wert, der die Bedeutung der Beziehung widerspiegelt (EU-Kommission).
Neue Schwerpunkte: Investitionen, Klimaschutz und Resilienz
Die erste Jahreshälfte 2025 brachte ein überraschendes Rekordniveau bei europäischen Direktinvestitionen in China. Dies zeigt, dass das Geschäftsinteresse keineswegs erlahmt ist. Dennoch wächst das Bedürfnis nach resilienteren Lieferketten, technologischem Selbstschutz und nachhaltigen Wirtschaftsbeziehungen. Die EU plant, die wirtschaftliche Kontrolle über besonders kritische Sektoren wie Halbleiter und Batterieproduktion zu stärken. Gleichzeitig wird Klimaschutz als übergeordnetes Interesse formuliert, da weder die industrielle noch die umweltpolitische Transformation ohne die Einbindung Chinas gelingt.
- • Das Handelsungleichgewicht ist heute ein zentrales politisches wie wirtschaftliches Risiko für Europa.
- • Chinas Subventions- und Währungspolitik verschärft die Asymmetrie weiter.
- • Europäische Schutzinstrumente (wie Zölle oder Mindestpreise) zeigen erste Wirkungen, lösen aber keine strukturellen Probleme.
- • Kritische Branchen wie Automobil- und Maschinenbau stehen zugleich unter Anpassungsdruck.
- • Investitionen und Partnerschaften bleiben relevant, müssen aber gezielt differenziert und abgesichert werden.
Die aktuellen Erkenntnisse zeigen ein deutliches Spannungsfeld: Einerseits wächst der Druck auf Unternehmen und Politik, europäische Wirtschaftsinteressen vor „unfairen“ chinesischen Praktiken zu schützen. Das bedeutet kurzfristig, die eigene Wettbewerbsfähigkeit durch kluge handelspolitische Gegenmaßnahmen und Industriepolitik zu sichern, wie dies zuletzt im Fall der Elektroautos sichtbar wurde. Die Nachteile bestehen vor allem in der Gefahr einer weiteren De-Industrialisierung, weniger technologischer Souveränität und einem weiteren Anstieg des Handelsdefizits. Auf der anderen Seite bietet die Zusammenarbeit mit China weiterhin Chancen – etwa bei nachhaltigen Investitionen, Klima- und Technologietransfer. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass der Dialog härter und selektiver, die wirtschaftliche Kopplung differenzierter werden wird. Profitieren könnten am Ende vor allem diejenigen Unternehmen und Länder, die ihre Resilienz stärken, auf Innovation setzen und sich auf faire, nachhaltige Partnerschaften verständigen. Die Politik muss dafür klare Rahmenbedingungen schaffen und bei Bedarf entschlossen eingreifen.
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